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Gerhard Schröder (SPD) kritisierte in Rostock die Sanktionen des Westens.

© dpa

Rede des Altkanzlers in Rostock: Schröder wirbt um Vertrauen zu Moskau

Mitten in der Ukrainekrise hat Gerhard Schröder (SPD) die EU aufgefordert, von Sanktionen gegen Russland abzusehen. Bei einem Unternehmertreffen forderte er vom Westen mehr Dialogbereitschaft.

Die gegenseitigen Sanktionen schaden beiden Seiten immens", sagte Schröder am Mittwoch auf dem "Russlandtag", einem deutsch-russischen Unternehmertreffen in Rostock. "Deswegen mahne ich an, dass sowohl die russische als auch die europäische Politik aus der Spirale von immer schärferen Wirtschaftssanktionen herausfinden müssen." Es sei wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben. "Nur so kann wieder Vertrauen entstehen, das derzeit weniger da ist."

Es sei noch nicht gelungen, eine stabile Friedens- und Sicherheitsarchitektur in Europa zu schaffen, "und da schließe ich meine Amtszeit ausdrücklich mit ein", sagte der SPD-Politiker vor den rund 400 Gästen der von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ausgerichteten Veranstaltung. "Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent gibt es nur in einer Sicherheitspartnerschaft mit Russland." Russland könne und solle nicht isoliert werden.

Der Altkanzler forderte, beim Aufbau einer europäischen Sicherheitsarchitektur die Geschichte Polens genauso wie die Russlands zu berücksichtigen. Die Kriege der Vergangenheit hätten "tiefe Spuren im Gedächtnis" beider Völker hinterlassen. "Diese historischen Erfahrungen müssen ernst genommen werden", sagte Schröder. Nicht ohne Sorge stelle er fest, "dass wir von einem gemeinsamen Geschichtsverständnis in Europa und Russland weit entfernt sind". Ein partnerschaftliches Verhältnis zu Russland sei im Interesse von Deutschland und ganz Europas, das sei immer Kern der deutschen Politik gewesen. "Wir sind gut beraten, diesen Kurs nicht zu verlassen", betonte er.

Schröder fühlt sich Russland weiter eng verbunden

Schröder sagte, er fühle sich Russland weiter eng verbunden und wolle trotz Kritik auch künftig als „Russland-Versteher“ für bessere Beziehungen werben. Der Begriff „Russland-Versteher“ sei zu einem Kampfbegriff geworden, mit dem jene diskreditiert werden sollten, die eine differenzierte Debatte führen wollten, sagte Schröder.auf dem Russland-Tag, der wegen der Rolle Moskaus im Ukraine-Konflikt umstritten ist. „Ich stehe dazu, dass ich Russland, seine Menschen und seine politische Führung verstehen will. Ich schäme mich dafür nicht, im Gegenteil: ich bin stolz darauf.“ Schröder ist mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eng befreundet.

Das Bemühen der Bundesregierung sei "sehr hoch einzuschätzen", den Gesprächsfaden mit Moskau nicht abreißen zu lassen und eine politische Lösung anzustreben, sagte der SPD-Politiker. Nicht zuletzt diene die wirtschaftliche Partnerschaft der Modernisierung und Öffnung der Gesellschaft in Russland. "Die Defizite der russischen Wirtschaft sind bekannt, und sind auch von der politischen Führung des Landes selbst benannt worden", sagte Schröder weiter. Dazu gehörten "die überbordende Bürokratie, die zum Teil maßlose Korruption und der Mangel an Rechtsstaatlichkeit".

Schröder dankte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), trotz der Kritik im Vorfeld an dem Russlandtag festgehalten zu haben. Die Grünen und einige CDU-Politiker hatten das Wirtschaftstreffen angesichts der Sanktionen gegenüber Russland als kontraproduktiv bezeichnet.

Russlands Botschafter warnt vor wirtschaftlichem Schaden

Der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir M. Grinin, verwies in einem Grußwort vor der Schröder-Rede darauf, dass infolge der Sanktionen ein Einbruch des Warenaustauschs zwischen Russland und der EU um bis zu 150 Milliarden Euro pro Jahr zu erwarten sei. Der Warenumsatz im ersten Halbjahr 2014 habe sich um 6,5 Prozent verringert, sagte Grinin. Insbesondere der deutsche Export nach Russland ist demnach betroffen. Im Juli sei der Export um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gefallen. Über das ganze Jahr gesehen könnte der Export um bis zu 25 Prozent sinken.

Nach den Sanktionen des Westens wegen der Rolle Russlands im Konflikt um die Ukraine hat Moskau seinerseits einen Importstopp für eine Reihe von Produkten aus der EU angeordnet. "Brauchen wir das wirklich?", fragte Grinin. Russland habe zwar die "Kraft und die Mittel", die Sanktionen zu neutralisieren. Aber es wäre besser, wenn Russland diese für die nationale Entwicklung einsetzen könnte, fügte Grinin hinzu. Der Botschafter zeigte sich zuversichtlich, dass es eine Lösung für die derzeitigen Spannungen gibt: "Ich bin sicher, dass alles wieder in die richtige Bahnen zurückkehren wird." AFP/dpa

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