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Rechtsruck in Ungarn: Populist Orban im Amt

Drei Wochen nach den Parlamentswahlen ist am Freitag in Budapest die neue Rechtsregierung des einstigen Ministerpräsidenten Viktor Orban vom Parlament bestätigt worden. Zwei Wahlrunden im April hatten das politische Kräfteverhältnis in Ungarn radikal umgestellt und zu einem Rechtsruck in dem bisher von Postkommunisten regierten Land geführt.

Die bisherige Oppositionspartei Fidesz hat dabei mit 68 Prozent die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit erobert. Der demokratischen Kontrolle sind damit für die nächsten vier Jahre enge Grenzen gesetzt. Orbans Fidesz hält 263 der 386 Abgeordnetenmandate, die bisherige sozialistische Regierungspartei MSZP nur noch 59. Die rechtsextreme, antisemitische Partei Jobbik (Bewegung für ein besseres Ungarn) errang 47 Sitze, die Grünen erstmals 16 im Parlament.

Dabei haben die ungarischen Parlamentarier erneut bewiesen, dass im Kampf um Einfluss und Macht keine ideologischen Grenzen unüberwindbar sind: Zu einem innenpolitischen Skandal führte die Absprache zwischen der rechtsextremen Jobbik-Partei und den Sozialisten über den Vorsitz wichtiger Parlamentskommissionen. So haben die Sozialisten Jobbik offenbar den Geheimdienstausschuss zugunsten der Budgetkommission überlassen.

In sein Kabinett hat der erst 47-jährige Ministerpräsident vor allem alte Kämpen aus seiner vor acht Jahren abgewählten Regierung berufen. Innenminister wird erneut Sandor Pinter, Wirtschaftsminister der Verleger Tamas Fellegi und Verteidigungsminister Orbans enger Vertrauter Csaba Hende. Das Außenministerium leitet wie schon 1998–2002 Janos Martony.

Mitte der Woche hatte der auch in konservativen Kreisen umstrittene Orban in der verarmten nordostungarischen Stadt Ozd versprochen: „Die Einhaltung des Rechts liegt an uns, und wir werden dafür endlich mehr Geld zur Verfügung stellen.“ Der Law-and-Order-Politiker stellte ausgerechnet in der Stadt mit einer der größten Roma-Populationen seine Initiative vor, wonach Wiederholungstäter selbst kleinerer Diebstähle lebenslänglich hinter Gitter sollen. Ein wirksames Verbot der rechtsradikalen, aus Jobbik-Mitgliedern gebildeten paramilitärischen „Magyar Garda“ (Ungarische Garde) stellte er dagegen nicht in Aussicht. Der Chef der rechtsextremen Jobbik ,Gabor Vona, löste am Freitag einen Eklat aus, als er während der Vereidigung der Abgeordneten die Uniformjacke der Ungarischen Garde trug. Staatspräsident Laszlo Solyom verurteilte die Aktion als „Verhöhnung des Parlamentarismus“. Vona war zunächst im schwarzen Anzug erschienen.

Anlässlich der konstituierenden Parlamentssitzung am Freitag stellte Fidesz fürs Erste nur sein umstrittenes neues Staatsbürgergesetz vor. Es sieht die Verleihung ungarischer Pässe für alle Ungarn außerhalb der heutigen Staatsgrenzen vor. Damit sollen vor allem die Mitglieder der ungarischen Minderheiten in der Slowakei, der Ukraine, Rumänien, Kroatien, Serbien und Slowenien bessergestellt werden. Ob sie auch das Wahlrecht in Ungarn erlangen, wie Jobbik forderte, ist noch unklar. Die Slowakei, wo 500 000 Ungarn zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, hat bereits heftig gegen die Pläne protestiert und ihren Botschafter aus Budapest abgezogen. Das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarstaaten ist angespannt, seit in Bratislava eine linksnationale Koalition regiert. In der Slowakei wird Mitte Juni ein neues Parlament gewählt – das dürfte den Streit mit Budapest verschärfen. mit AFP

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