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Sein letztes Gefecht - US-Präsident Donald Trump am vergangenen Sonntag

© Evan Vucci/AP/dpa

Rechtsradikale rufen zum „March for Trump“: Die Komplizen des US-Präsidenten machen mobil

„Ich werde da sein“, twitterte Trump – und er meinte den Protestmarsch seiner Anhänger, die an diesem Mittwoch den Kongress blockieren wollen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Auch Irrsinn kann exponentiell wachsen. Wenn der letzte Rest Rationalität aufgebraucht ist, erreicht er seinen Höhepunkt. In den USA geschieht das an diesem Mittwoch. Es dürfte ein trauriger, empörender, erschütternder Tag werden, der wie kaum ein anderer das Wesen der Präsidentschaft von Donald Trump offenbart. Es kulminiert in Realitätsverweigerung, Fanatismus, Anmaßung und Brutalität.

„Ich werde da sein“, twitterte Trump am Sonntag, und er meinte den Protestmarsch von Tausenden, wenn nicht gar Zehntausenden seiner Anhänger, die mit dem Slogan „Stop the Steal“ Amerikas Hauptstadt lahmlegen und den Kongress blockieren wollen. Dort soll bei einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus das Wahlergebnis vom 3. November bestätigt werden. Ist dieser „March for Trump" undemokratisch? Nein, er ist antidemokratisch!

Wer die Nachrichten der vergangenen Tage liest, fühlt sich wie ein Wackeldackel auf der Hutablage und möchte unentwegt mit dem Kopf schütteln. Da ist ein Präsident, der sich seit zwei Monaten ohne jeden Beweis über vermeintlichen Wahlbetrug beschwert. Vor Gericht scheitert er mit jeder Klage. Doch bei einigen verfängt die Vehemenz seiner Vorwürfe. Die so selbst ausgelösten Sorgen nimmt Trump zum Anlass, eine gründliche Untersuchung zu fordern. Er schreit in Richtung Berg, hört das Echo und behauptet, das Volk würde schreien.

Alle zehn Ex-Verteidigungsminister warnen

Da ist außerdem ein Präsident, der in einem Telefonat auf eine nachträgliche Änderung des Wahlergebnisses im Bundesstaat Georgia drängt. Genügend Stimmen für ihn seien „zu finden“, verlangt er, das Ergebnis sei „nachzuberechnen“. Dem zuständigen Staatssekretär wird gedroht: Falls er Trumps Forderung nicht nachkomme, gehe er ein „großes Risiko“ ein.

Da sind alle zehn lebenden ehemaligen Verteidigungsminister der USA, Demokraten wie Republikaner, die gemeinsam vor einem Einsatz des Militärs im Streit um das Wahlergebnis warnen. Dabei verwundert nicht so sehr der Inhalt der Warnung als diese selbst. Offenbar trauen sie dem noch amtierenden Präsidenten Handlungen zu, die das Land auf „gefährliches, rechtswidriges und verfassungswidriges" Gebiet führen.

Und schließlich sind da einige Senatoren und Abgeordnete der Republikaner, die sich ohne Scheu, Scham und Einsichtsvermögen zu Komplizen Trumps machen. Sie wollen am Mittwoch die offizielle Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden ablehnen. Auf diese Weise bilden sie die parlamentarische Brücke zu den Protestlern, die bereits im November und Dezember durch Washington D.C. gezogen waren, allen voran die rechtsmilitanten „Proud Boys“. Sie wurden bekannt, nachdem Trump sie während des Wahlkampfes in einem Fernsehduell mit Biden aufgefordert hatte, „sich zurückzuhalten und bereitzustehen“.

Die größte inländische Terrorgefahr

Die „Proud Boys“ sind gewaltbereit, tragen schusssichere Westen und nennen sich selber „Western chauvinists“. Laut FBI sind sie eine extremistische Gruppierung mit Verbindung zu weißen Nationalisten Einige ihrer Mitglieder waren 2017 am antisemitischen Aufmarsch in Charlottesville beteiligt.

Amerikas rechtsradikale Milizen sind so aktiv wie seit 30 Jahren nicht. Für FBI-Direktor Christopher Wray geht von ihnen die größte inländische Terrorgefahr aus. Sie nennen sich „Proud Boys“, „Oath Keepers“, „Boogaloo Bois“, „Three Percenters“, und sie wähnen sich im Widerstand gegen eine Tyrannei. Der harte Kern wird auf 75.000 Mitglieder geschätzt, die Zahl der Sympathisanten auf zwölf Millionen.

Trump hat sie nicht geschaffen, aber genährt. Es ist sein Erbe und Vermächtnis, das an diesem Mittwoch durch die Straßen von Washington D.C. zieht.

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