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Mit dieser Ceska 83 mit Schalldämpfer sollen die NSU-Terroristen neun Morde begangen haben.

© dpa

Update

Rechtsextremismus: Woher kam die Mordwaffe der NSU-Terroristen?

Mit einer Ceska 83 haben Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt mutmaßlich neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer ermordet. Doch wie kamen sie an die Waffe? Darum geht es heute beim NSU-Prozess in München.

Von Frank Jansen

Die Waffe war für die Mörder mehr als ein Schussapparat, sie war auch eine Art Botschaft. Mit der Ceska 83 haben Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als Killer der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ bundesweit neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer ermordet - der Gebrauch der immer selben Waffe sollte offenbar eine gezielte Serie von Attentaten auf Ausländer signalisieren. Die Polizei sprach denn auch bei den Ermittlungen von der „Ceska-Serie“, dem Verdacht auf einen rassistischen Hintergrund wurde jedoch nur gebremst nachgegangen. Das hat sich nach dem schaurigen Ende des NSU im November 2011 radikal geändert, doch immer noch ist nur in Teilen geklärt, auf welchem Weg die Waffe von einem Händler in der Schweiz zu Mundlos und Böhnhardt gelangte.

NSU-Prozess: Ehemaliger Waffenhändler sagt aus

Der Schweizer Kaufmann, der den Waffenhandel nach eigenen Angaben längst aufgegeben hat, sagte am Mittwoch im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München aus. Die aus Tschechien stammende Waffe habe er von einem Zwischenhändler, der Firma Luxik, erworben, gab der aus Bern angereiste Franz Sch. an. Das sei „ein ganz normaler Warenhandel“ gewesen, „nichts unter dem Tisch, nichts im Dunkeln in der Tiefgarage“. Franz Sch. erläuterte anhand eines Registers seines früheren Unternehmens, dass die Ceska 83 am 10. April 1996 bei ihm als Eingang verbucht und einen Tag später an einen privaten Käufer, Peter G., versandt wurde. Der Empfänger, der am Mittwoch ebenfalls aussagen sollte, kam allerdings nicht. Ein weiterer Schweizer, der mit dem Kauf der Ceska 83 zu tun gehabt haben soll und für diesen Donnerstag als Zeuge geladen war, verweigert die Reise. Der 6. Strafsenat will sich nun mit einem Rechtshilfeersuchen an die Schweizer Behörden wenden, damit die beiden Zeugen von ihrem Land aus per Video vernommen werden können.

Die Ceska 83 sei von Luxik „im Set“ mit einem Schalldämpfer geliefert worden, sagte Franz Sch. So habe er die Waffe auch für ungefähr 1000 Franken weiterverkauft. Der Empfänger hatte sogar, wie aus dem Register hervorgeht, zwei Waffen geordert. Was der Privatmann damit wollte, bleibt offen. Franz Sch. bemerkte lakonisch, „wenn er eine illegale Absicht damit hatte, hat er sie uns nicht auf die Nase gebunden“.

Bei den Ermittlungen zu der Ceska-Mordserie geriet der Käufer schon in den Blick der deutschen Ermittler, bevor der NSU 2011 aufflog. Doch der Schweizer wies jeden Verdacht von sich, etwas mit den Morden zu tun zu haben. Im Prozess hat bereits, wie berichtet, der Angeklagte Carsten S. gestanden, er habe die Pistole im Frühjahr 2000 in Jena bei dem Betreiber eines Ladens für rechtsextreme Szenekleidung erworben und sei dann nach Chemnitz gefahren, wo er Mundlos und Böhnhardt die Ceska in einem Abbruchhaus übergeben habe. Carsten S. beteuerte, er habe im Auftrag des mitangeklagten Ex-NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben gehandelt. Es ist allerdings unklar, ob Mundlos und Böhnhardt gezielt eine Waffe mit Schalldämpfer, also für nahezu lautloses Töten, bestellt hatten. Die Bundesanwaltschaft wirft Carsten S. und Wohlleben vor, sie hätten Beihilfe zu neunfachem Mord geleistet. Die Polizei hatte die Ceska 83 im November 2011 im Brandschutt der von Zschäpe angezündeten Wohnung in Zwickau gefunden.

Unterdessen bleibt zweifelhaft, ob Zschäpe am 9. Juni 2004 in Köln war, als Mundlos und Böhnhardt vor einem türkischen Friseursalon eine Nagelbombe zündeten. Der Strafsenat ließ am Mittwoch noch einmal eine Sequenz aus einem Überwachungsvideo aus der Keupstraße abspielen, wo der Anschlag geschehen war, bei dem mehr als 20 Menschen verletzt wurden. Eine Kamera hatte kurz vor der Tat Mundlos und Böhnhardt gefilmt, die getrennt voneinander Fahrräder schoben. Auf einem befand sich die Box mit der Nagelbombe. Auf den Bildern ist auch eine junge Frau zu sehen, die an einer Treppe steht und Zschäpe ähnelt. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte das Video bereits im September vorführen lassen, damals war jedoch der Verdacht, eine Passantin könnte Zschäpe sein, kein Thema. Nun wurde die Sequenz mit der jungen Frau noch einmal gezeigt.

Die zierliche Figur und die offenen, dunklen Haare passen zu Zschäpe, das Gesicht jedoch kaum. Die Vergrößerung, die allerdings unscharf ist, war, zeigt ein Gesicht, das eher nicht dem von Zschäpe entspricht.

Ließe sich beweisen, dass Zschäpe am Tattag in der Keupstraße stand, wäre das ein gravierender Indiz zugunsten der Bundesanwaltschaft. Sie hält der Hauptangeklagten vor, bei dem Anschlag in Köln wie auch bei allen anderen Verbrechen des NSU die Mittäterin gewesen zu sein. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft ist Zschäpe allerdings auch schuldig, wenn sie nicht oder nur selten zu Morden, Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen mitgefahren sein sollte. In der  Anklage heißt es unter anderem, Zschäpe habe die Aufgabe gehabt, mit erfundenen Geschichten gegenüber Nachbarn die kriminellen Aktivitäten von Mundlos und Böhnhardt zu tarnen.

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