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Rechte Demonstration im Oktober 2016 auf dem Bautzener Kornmarkt.

© Xcitepress/Ce/dpa

Rechtsextremismus in Sachsen: Bürgermeister von Bautzen rügt Gespräch von CDU-Politiker mit der NPD

Drei Stunden lang empfing der Vize-Landrat von Bautzen, Udo Witschas, den NPD-Kreischef zum Gespräch. Nun geht der Oberbürgermeister von Bautzen auf Distanz zu dem CDU-Politiker.

Von Matthias Meisner

Der Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens (SPD), hat in sehr klaren Worten verurteilt, dass der stellvertretende Landrat von Bautzen, Udo Witschas (CDU), vor vier Wochen einen Neonazi zum dreistündigen Gespräch im Landratsamt empfangen hat. Die Begegnung von Witschas mit dem damaligen NPD-Kreisvorsitzenden Marco Wruck hätte "auf gar keinen Fall" stattfinden dürfen, sagte Ahrens in einem Youtube-Interview, das im Auftrag der Stadt Bautzen entstanden ist. Witschas habe sogar "dem NPD-Menschen noch Rechenschaft über sein Tun abgelegt. Das geht gar nicht. Das sind Verfassungsfeinde."

Das Gespräch von Witschas und Wruck hatte am 8. August stattgefunden. Es sorgt seit Wochen für intensive Diskussionen in der Stadt, in Sachsen und darüber hinaus - erst recht, seit Chatprotokolle bekannt geworden waren. Sie belegen, dass Witschas in überaus freundschaftlichem Ton mit dem Neonazi über die Lage in Bautzen und über Flüchtlinge diskutierte, mit ihm telefonierte und Interna weitergab.

Örtliche CDU-Politiker verteidigten dagegen die Begegnung. Bautzens Landrat Michael Harig wies Rücktrittsforderungen gegen seinen Stellvertreter und Parteifreund zurück. Ein Abwahlantrag von SPD, Grünen und Linken wird im Kreistag aller Voraussicht nach keine Mehrheit bekommen - die antragstellenden Fraktionen kommen nur auf ein Drittel der Mandate. Der CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Stanislaw Tillich forderte Aufklärung, obwohl der Sachverhalt selbst weitgehend bekannt ist, und hält sich aus der öffentlichen Diskussion zu dem Fall seitdem heraus. Witschas allerdings wurde die Zuständigkeit für das Ausländeramt entzogen.

Vize-Landrat zeigt sich selbst an

Der Beamte selbst hat sich inzwischen bei der zuständigen Landesdirektion Sachsen angezeigt - per Disziplinarverfahren will Witschas sich nach seiner Kungelei mit dem NPD-Funktionär einen "Persilschein" erstreiten. Laut Auskunft der Landesdirektion wird sich dieses Verfahren noch wochen- oder sogar monatelang hinziehen. Ein Sprecher der Behörde sagte dem Tagesspiegel: "Der Beamte hat zunächst vier Wochen Zeit, wenn er sich schriftlich zu Vorgängen oder Vorwürfen äußern möchte." Hinzu komme die Zeit für weitere Ermittlungen wie Aktenauswertung, Zeugen- oder Sachverständigenberatung oder Vor-Ort-Termine. Der Abschlussbericht werde Witschas dann schließlich nochmals zur Stellungnahme zugesandt. Theoretisch denkbar sind zum Ende des Verfahrens ein Verweis, eine Geldbuße, die Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehaltes, wogegen wiederum eine Klage des Beamten vor dem Verwaltungsgericht möglich ist.

Auch andere Kommunalpolitiker sprachen schon mit Neonazis

Der Dialog führender Politiker in Bautzen mit Rechtsextremisten hat längst eine fragwürdige Dimension. Auch Ahrens selbst führte nach den Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Neonazis auf dem Bautzener Kornmarkt im Herbst 2016 ein Gespräch mit vier Betreibern rechter Webseiten. Unter ihnen war auch Wruck, der allerdings erst kurz danach zum NPD-Kreisvorsitzenden gewählt wurde.

Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD)
Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD)

© Christian Mang/Imago

Ahrens sagt heute zu dieser Begegnung: "Mich hat da interessiert, mal Gesichter dahinter kennenzulernen." Er versicherte, schon damals "klipp und klar" erklärt zu haben, "was ich von ihrem Treiben halte". Damals sei ihm klar geworden, dass "Wruck jemand ist, der zu einem differenzierten Gespräch weder willens noch in der Lage ist. Mit dem kann man nicht sprechen." Die Begegnung von ihm und den Rechtsradikalen sei eine "einmalige Angelegenheit" gewesen. "Das sind keine Gesprächspartner auf Dauer, jedenfalls nicht auf Augenhöhe."

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Bis zur CDU in Bautzen sprach sich diese Einsicht allerdings nicht herum. Vor Witschas sprach auch Landrat Harig zwei Mal mit dem Neonazi.

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Ahrens: Bautzen ist keine braune Hochburg

Ahrens verteidigt seine Stadt derweil gegen den Vorwurf, es handele sich um eine "braune Hochburg". Er habe mit mehr als hundert Leuten Gespräche zu dieser Frage gehabt - und bis auf eine Ausnahme hätten alle die Frage dazu verneint. Bautzen habe zwar ein "rechtes Problem", es sei aber nicht massiv. "Wir sprechen hier nicht über hunderte Nazis in der Stadt, sondern wir sprechen über eine kleine, sehr aktive Gruppe". Um diese müsse man sich kümmern, dies sei "ein lösbares Problem". In der überregionalen Berichterstattung über Bautzen beobachtet der SPD-Kommunalpolitiker zuweilen ein "Missverhältnis, das gewisse Sensationslust befriedigen soll".

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