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Ein Polizeifahrzeug steht vor dem 1. Polizeirevier auf der Zeil.

© Boris Roessler/dpa

Update

Rechtsextreme Polizisten in Frankfurt: Weitere Verdachtsfälle bei hessischer Polizei

Medienberichten zufolge sollen weitere Polizisten in Hessen mit rechtsextremem Gedankengut aufgefallen sein. Auch ein Kölner Anwalt stellt Anzeige.

Die Affäre um mutmaßliche rechtsextreme Netzwerke in der hessischen Polizei weitet sich offenbar aus. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, sollen nicht nur Polizeibüros in Frankfurt am Main durchsucht worden sein, sondern auch eine Dienststelle im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Demnach sollen auch Polizisten anderer Präsidien durch rechtsradikales Gedankengut aufgefallen sein, was polizeiintern geprüft werde.

Die Frankfurter Polizei wehre sich gegen den Vorwurf, Informationen nicht an das Landeskriminalamt (LKA) weitergegeben zu haben, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise. Das LKA sei nicht darüber informiert worden, dass die Ermittlungen in die Polizei selbst hinein führten. Das Polizeipräsidium in Frankfurt äußerte sich demnach bisher nicht.

Grünen-Politikerin fordert unabhängige Polizeibeauftragte

Zuvor hatte die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic die Einsetzung unabhängiger Polizeibeauftragter gefordert. Bei ihnen solle jeder Beamte frühzeitig und auf Wunsch auch anonym Hinweise auf solche Entwicklungen geben können, sagte Mihalic der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Diese Beauftragten müssten im Bund und in den Ländern installiert werden und außerhalb der Behördenhierarchie stehen, damit sie Mängel und Fehlverhalten der Polizei aufklären und untersuchen könnten. „Dies würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, schon sehr früh Hinweise auf Fehler zu erhalten“, sagte Mihalic. Vorbild könne auf Bundesebene der Wehrbeauftragte des Bundestags sein.

Vor einer Woche war bekannt geworden, dass fünf Beamte aus dem Frankfurter 1. Revier vom Dienst suspendiert wurden. Sie sollen sich über einen Messenger-Dienst beleidigende und fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte zugeschickt haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte, dass sie wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Laut Polizeipräsidium sind die Beamten nicht mehr im Dienst.

Wissenschaftler geht nicht von Einzelfall aus

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) bezeichnete den Verdacht rechtsradikaler Strukturen bei der Polizei als "erschreckend" und forderte umfassende Aufklärung. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, warnte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ davor, die Polizei jetzt unter „Generalverdacht“ zu stellen. „Unsere Polizei ist auf dem rechten Auge ebenso wenig blind wie auf dem linken“, sagte er. Er sei sicher, dass den „in der Tat beunruhigenden Vorwürfen ohne falsche Rücksichtnahme durch die zuständigen Behörden umfassend nachgegangen wird“.

Der Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg, Rafael Behr, geht davon aus, dass es sich bei den Vorgängen in Frankfurt nicht um einen Einzelfall handelt. „Innerhalb der Polizei gibt es durchaus Milieus, die sich in solche Positionen versteigen und darin gefallen, extreme Ansichten zu teilen“, sagte Behr dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es gibt immer wieder Vorfälle.“

Auch ein Kölner Anwalt erhält Drohungen von Rechtsextremen

Unterdessen wurde bekannt, dass der Kölner Strafverteidiger Mustafa Kaplan wegen einer rechtsextremen Hassmail mit dem Betreff "NSU 2.0" Strafanzeige gegen unbekannt erstattet hat. Das Schreiben ging am Montag an die Staatsanwaltschaft Köln, wie der Spiegel am Dienstag berichtete. Kaplan ist in Deutschland als Anwalt von NSU-Opfern bekannt. Kaplan sagte dem Spiegel, er vermute bei der Mail an ihn "dieselbe Quelle" wie bei der Frankfurter Kollegin. Nicht nur der Begriff "NSU 2.0" tauche auf, sondern auch "die Gewalt in der Sprache". "Es ist offenbar das Ziel, Menschen mit Migrationshintergrund mundtot zu machen." Der Jurist erwarte nun, dass die Staatsanwaltschaft Köln seinen Fall nach Frankfurt weiterreicht, um die Ermittlungen zu bündeln. (Tsp, dpa, AFP)

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