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Der Rechtsextreme Eric Zemmour bei seiner Videobotschaft am Dienstag.

© Thomas Samson/AFP

Rechter Zemmour will Frankreichs Präsident werden: Hass ist sein Programm

Der Polemiker Eric Zemmour will Staatschef in Frankreich werden. Aber außer seiner Ablehnung von Einwanderern hat der Polemiker nichts zu bieten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es war eine lächerliche Inszenierung, die der Rechtsextreme Eric Zemmour am Dienstag den Franzosen geboten hat. Mit einer Bücherwand im Rücken, vor sich ein Mikrofon, verlas der 63-Jährige eine zehnminütige Botschaft, in der er ein dramatisches Bild vom Zustand seines Landes zeichnete.

Die entscheidende Botschaft war indes: Der Publizist und Polemiker Zemmour, der wegen rassistischer Äußerungen mehrfach verurteilt worden ist, tritt zur französischen Präsidentschaftswahl im kommenden April an.

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Zemmour spekuliert darauf, dass er bei jenen Wählern punkten kann, denen die Vorsitzende des rechtspopulistischen „Rassemblement National“, Marine Le Pen, zu moderat geworden ist. Gleichzeitig versucht er seine Landsleute zu beeindrucken, indem er immer wieder auf die Geschichte Frankreichs zurückgreift.

So auch in seinem Bewerbungs-Video am Dienstag: Ganz bewusst inszenierte sich Zemmour wie Charles de Gaulle, der am 18. Juni 1940 vor einem Mikrofon von London seine Landsleute zum Widerstand gegen die Nazis aufrief.

Doch wer Zemmour wirklich ist, haben die Franzosen am vergangenen Wochenende einmal mehr vorgeführt bekommen: Bei einem Auftritt in Marseille trat Zemmour nicht etwa als kultivierter Politiker auf, der eines Vergleiches mit Charles de Gaulle würdig wäre. Statt dessen zeigte er einer Passantin den Stinkefinger.

Nostalgischer Bilderbogen mit der Concorde

Zemmour, der aus einer algerisch-jüdischen Familie stammt, sieht sich als Retter Frankreichs. Er will einen angeblichen „großen Austausch“ der Bevölkerung durch muslimische Migranten verhindern. Sein Video war folglich voll von identitären Botschaften: Frauen mit Kopftuch, betende Muslime und Gewalt auf den Straßen.

Untermalt mit den Klängen der siebten Sinfonie von Beethoven, waren in diesem Zerrbild Aufnahmen aus den Sechzigerjahren gegengeschnitten. Sie sollten das zeigen, was in den Augen Zemmours Frankreich eigentlich auszeichnet: „das Land von Jeanne d’Arc und Louis XIV“. Auch die Concorde, das inzwischen eingestellte Überschall-Flugzeug aus französischer und britischer Produktion, kam in dem Bilderbogen vor.

Aber auch wenn Zemmour dem Publikum mehrmals die Botschaft einhämmerte, dass die Franzosen zunehmend von einem „Gefühl der Enteignung“ beschlichen würden, muss bezweifelt werden, ob seine Kampagne wirklich genügend Fahrt aufnimmt.

Der Polemiker mag gut darin sein, nostalgische Gefühle bei seinen Landsleuten heraufzubeschwören. Aber was sind – abgesehen von seinen Tiraden gegen Journalisten, „Eliten“ und „Islamo-Linksradikale“ – seine Rezepte für die Zukunft? Außer einem Bekenntnis zur Kernenergie war in seinem Video dazu nicht viel zu hören.

Der Vergleich mit Trump hinkt

Gelegentlich wird Zemmour auch als „französischer Trump“ bezeichnet. Allerdings ist der Vergleich schief. Donald Trump hatte den Erfolg bei der US-Präsidentschaftwahl 2016 auch dem Umstand zu verdanken, dass er eine Gefolgschaft bei jenen Arbeitern aufbauen konnte, die sich Sorgen um ihre Jobs im „Rostgürtel“ der USA machten. Die Wirtschaftspolitik spielt bei Zemmour hingegen nur eine Nebenrolle.

Bevor seine Kampagne an Fahrt gewinnt, wird Zemmour zunächst einmal ganz praktische Probleme bekommen. Damit er im April antreten kann, muss er 500 Unterschriften von Bürgermeistern, Abgeordneten in der Nationalversammlung oder Verantwortungsträgern in den Départements und Regionen zusammenbekommen. Davon ist er derzeit noch weit entfernt.

In den Umfragen ist Zemmour zurückgefallen

Aber auch die Umfragen sprechen gegenwärtig gegen den 63-Jährigen. Nachdem Zemmour zwischenzeitlich Marine Le Pen bei den Erhebungen der Meinungsforscher überholte, ist er inzwischen wieder zurückgefallen: Nach gegenwärtigem Stand kann er mit einem Anteil von 14 bis 15 Prozent im ersten Wahlgang rechnen, während Le Pen auf 19 bis 20 Prozent kommt. Staatschef Emmanuel Macron könnte demnach 25 Prozent der Stimmen verbuchen.

An diesem Abend will Zemmour im Fernsehsender TF1 sein Programm etwas genauer erläutern. Wenn er auch dann außer ein paar Schlagwörtern, die von Frankreichs vergangenem Ruhm und diffuser Überfremdungsangst zeugen, nichts zu bieten hat, muss sich Macron womöglich keine großen Sorgen machen.

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