zum Hauptinhalt
Skandal in der Bremer Feuerwehr. In einer Chatgruppe sollen Hakenkreuze gepostet worden sein, Flüchtlinge wurden diffamiert und Feuerwehrfrauen sexistisch beleidigt

© Sina Schuldt/dpa

Update

Rechter Skandal bei Bremer Feuerwehr: Rassistische Hetze und sexistisches Mobbing

In der Bremer Feuerwehr konnten sich rechtsextreme und sexistische Kollegen offenbar über Jahre austoben. Innensenator Ulrich Mäurer ist entsetzt.

Von Frank Jansen

Die Bremer Berufsfeuerwehr wird von einem Skandal um rechtsextreme und sexistische Umtriebe erschüttert. In der Chatgruppe einer Wachabteilung wurden Hakenkreuze sowie rassistische und islamfeindliche Parolen gepostet. Bei einem Einsatz in einer Flüchtlingsunterkunft soll ein Feuerwehrmann geäußert haben, „können die hier nicht mal richtig Feuer machen, dass die hier alle verbrennen“. Eine migrantische und auch lesbische Feuerwehrfrau soll zudem bereits 2011 in einem Einsatz vom Wachabteilungsleiter als „stinkender Kanake“ beleidigt worden sein. Feuerwehrleute haben die Frau offenbar auch mit Vergewaltigungsfantasien belästigt.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) ist entsetzt. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass so etwas bei der Bremer Feuerwehr möglich ist", sagte Mäurer am Mittwoch dem Tagesspiegel. In seinen zwölf Jahren als Innensenator habe er fast jeden Feuerwehrmann kennengelernt. "Aber es ist nichts unmöglich", sagte Mäurer, auch mit Blick auf die bundesweiten rechten Vorfälle bei der Polizei. Als Reaktion auf den Skandal in Bremen hat der Senator selbst die Leitung der Bremer Feuerwehr übernommen.

Razzia bei Feuerwehrmann

Am Dienstag durchsuchte die Polizei bei dem hauptbeschuldigten Feuerwehrmann wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Beamten nahmen Handys und Computer mit. Der Feuerwehrmann ist vom Dienst suspendiert. Senator Mäurer betonte in einer Mitteilung, es müsse auch untersucht werden, inwiefern „vereinzelt Vorgesetzte auf unterschiedlichen Ebenen versagt haben, sodass die beschriebenen Vorfälle offenbar über Jahre stattfinden konnten“.

Skandal wurde im Oktober bekannt

Die Innenbehörde hatte am 8. Oktober aus der Feuerwehr brisante Informationen erhalten. Mäurer rief sofort Polizei und Verfassungsschutz zu einer „Fallkonferenz“ zusammen, außerdem setzte er die Ex-Präsidentin des Bremer Oberlandesgerichts, Karen Buse, als Sonderermittlerin für die disziplinarrechtlichen Verfahren ein.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Die Informanten aus der Feuerwehr übermittelten rechtsextreme Chatprotokolle auch an Radio Bremen und den Rechercheverbund von NDR und „Süddeutscher Zeitung“. Diese Medien berichteten dann am Dienstagabend als erste über den Skandal.

Innenbehörde schaltet Telefonnummer für anonyme Hinweise

Die rechtsextreme Chatgruppe war offenbar schon vor langer Zeit aktiv. Die ersten Protokolle stammen aus dem Jahr 2013. Mäuer sprach von „Dokumenten“ bis 2015. Es müsse aufgeklärt werden, was aus der Chatgruppe danach geworden sei, sagte der Senator. Die Innenbehörde schaltete diesen Mittwoch ein Hinweistelefon, an das sich Mitglieder der Feuerwehr anonym wenden können. Er schätze, dass die Chatgruppe etwa ein Dutzend Mitglieder hatte, sagte Mäurer dem Tagesspiegel.

Die Chatgruppe ist einer von drei Komplexen des Bremer Skandals. Bei den zwei weiteren geht es um die lesbische Feuerwehrfrau mit Migrationshintergrund. Die Frau wurde offenbar über zehn Jahre hinweg von Kollegen gemobbt. Im Frühjahr 2020, das ist der dritte Komplex, haben sich Feuerwehrmänner offenbar alkoholisiert darüber unterhalten, was man mit der Frau alles machen könnte. Ein Kollege zeichnete das Gespräch heimlich auf. "Wenn man das vertextet sieht, haut es einem um", sagte Mäurer. Der Feuerwehrmann gab die Aufzeichnung weiter. Er ist eine der drei Quellen, die den Skandal bekannt machten. Die zweite Quelle ist die betroffene Feuerwehrfrau. Außerdem meldete ein früherer Feuerwehrmann die rechte Chatgruppe.

Präsident des Feuerwehrverbands warnte vor Unterwanderung durch AfD

Der Bremer Skandal ist offenbar kein Einzelfall. Im September 2019 warnte der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs, vor Versuchen der AfD, die Feuerwehr zu unterwandern. Ziebs geriet dann im Verband unter Druck und trat zum Jahresende entnervt zurück.

Mitte Dezember teilte er mit, „nach den heftigen und unversöhnlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Deutsche Feuerwehrverband in seiner derzeitigen Lage so nicht mehr führbar ist“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false