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Leicht zu finden. Kürzlich war die Staatsanwaltschaft im Finanzministerium.

© Christophe Gateau/dpa

Exklusiv

Razzia im Bundesfinanzministerium: Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft bestreitet Einflussnahme auf Pressemitteilung

Den Ermittlern wird vorgeworfen, sie weckten einen falschen Verdacht. Doch der Behördenleiter, ein CDU-Mitglied, will sich aus der Sache herausgehalten haben.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück wehrt sich gegen Vorwürfe, sie habe ihre öffentliche Erklärung zu den Durchsuchungen von Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium in Berlin aus politischen Motiven absichtlich so gestaltet, dass der Eindruck eines Verdachts gegen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) entsteht. Dies war ihr insbesondere aus Kreisen der SPD vorgehalten worden.

Auf Anfrage des Tagesspiegels erklärte die Ermittlungsbehörde am Donnerstag, die viel kritisierte Pressemitteilung sei vom stellvertretenden Leiter der Behörde und Pressesprecher Alexander Retemeyer formuliert worden. Retemeyer sei nach eigenen Angaben weder Mitglied einer Partei noch sei er sonst politisch aktiv, erläuterte ein weiterer Behördensprecher. Behördenleiter Bernard Südbeck, CDU-Mitglied und ehemals aktiver Kommunalpolitiker, habe der Entwurf zwar vorgelegen, jedoch nur „zur Kenntnisnahme“. Er habe „keinen Einfluss auf die Textgestaltung genommen“, hieß es weiter. Dem von Justizministerin Barbara Havliza (CDU) geführten Niedersächsischen Justizministerium sei der umstrittene Text vor der Veröffentlichung gar nicht erst vorgelegt worden.

Die SPD sieht eine Diskrepanz zum Durchsuchungsbeschluss 

Havliza hatte zuvor bei einer Befragung im Niedersächsischen Landtag ebenfalls politische Einflussnahme zurückgewiesen. Es sei den Ermittlern darum gegangen, im Bundesfinanzministerium Beweise sicherzustellen, bevor sie möglicherweise verschwinden.

Nach den Razzien im Zusammenhang mit der Anti-Geldwäschebehörde „Financial Intelligence Unit“ (FIU) war Kritik laut geworden, die Staatsanwaltschaft habe nach außen bewusst einen falschen Eindruck erweckt, um dem SPD-Kanzlerkandidaten zugunsten seines Mitbewerbers Armin Laschet (CDU) zu schaden. Beleg dafür sei eine angebliche Diskrepanz zwischen der staatsanwaltschaftlichen Pressemitteilung und dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss. In der Mitteilung hieß es, es solle „unter anderem untersucht werden, ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“. Das BMF steht jedoch auf dem Standpunkt, dass sich im zugrundeliegenden Durchsuchungsbeschluss „kein Hinweis“ auf eine solche Aussage finde.

 Manche sprechen von einem Justizskandal

Um auf die aus Sicht der Kritiker bestehende Diskrepanz zu bestätigen, veröffentlichte BMF-Staatssekretär Wolfgang Schmidt (SPD) wenige Tage nach dem Auftritt der Staatsanwälte in Berlin einen Auszug aus dem Gerichtsbeschluss bei Twitter. Dies brachte ihm ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Osnabrück ein, das mittlerweile nach Berlin abgegeben wurde. Grund dafür ist, dass die Publikation von Dokumenten „ganz oder in wesentlichen Teilen“ aus einem laufenden Ermittlungsverfahren strafbar ist. Gleiches gilt für die Wiedergabe von Zitaten in der Presse. Aus dem von Schmidt veröffentlichten Auszug ging jedoch auch hervor, dass die Ermittler mit Blick auf die Motivlage Beschuldigter die Kommunikation zwischen Justiz- und Finanzministerium sichten wollten. Das Ministerium von Olaf Scholz führt die Rechtsaufsicht über die FIU.

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Aufgrund der Pressemitteilung sowie der Kritik aus Politik und Medien an den vielfach als überzogen empfundenen Maßnahmen gegen die Bundesministerien ist bereits zuweilen von einem Justizskandal die Rede, der durch die Ermittlungen gegen den Staatssekretär erst recht bezeugt werde. Wohl vor diesem Hintergrund hat sich die Staatsanwaltschaft entschlossen, die Hintergründe zum Entstehen ihrer Pressemitteilung offen zu legen. Diskrepanzen zum Durchsuchungsbeschluss könne man ohnehin nicht erkennen, hieß es. Normalerweise würden behördeninterne Abläufe nicht nach außen dargestellt. Es sei aber nicht von der Hand zu weisen, „dass auch diese durch die momentane Berichterstattung in das Licht der Öffentlichkeit gerückt sind“.    

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