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Politik: Radaropfer der Bundeswehr hoffen auf US-Richter

Millionen-Klagen gegen Hersteller von Armee-Elektronik eingereicht

Berlin. Die Entschädigung der Strahlenopfer von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee der DDR (NVA) könnte teuer werden. Krebskranke Soldaten der Bundeswehr und anderer Nato-Armeen haben am Dienstag in den Vereinigten Staaten amerikanische Hersteller von Radargeräten auf Schadenersatz in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro verklagt. Dies teilten die Berliner Anwälte Reiner Geulen und Remo Klinger mit.

Für die in Deutschland anhängigen Klagen gegen das Verteidigungsministerium haben Bundeswehr und Anwälte der Radaropfer eine Aussetzung des Verfahrens beantragt. Zunächst solle der Bericht der neuen vom Verteidigungsausschuss des Bundestages berufenen Expertenkommission abgewartet werden. Das 17-köpfige wissenschaftliche Gremium unter dem Vorsitz von Wolfram König, dem Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), hat am 26. September die Arbeit aufgenommen und will seinen Bericht in sechs Monaten vorlegen.

Geulen und Klinger vertreten mehr als 450 Soldaten, die von 1958 bis 1994 an US- Radargeräten arbeiteten und die von den Geräten ausgehende radioaktive Strahlung für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen. Die Kläger werfen den Firmen vor, sie hätten unzureichend über die Strahlenbelastung der Geräte informiert. Die Klagesumme steht nicht fest. Doch, „wenn wir die Jury vom erheblichen Verschulden der Firmen überzeugen können, werden die Ersatzansprüche für jeden mehrere Millionen Dollar betragen“, sagte Geulen dem Tagesspiegel.

Vor deutschen Gerichten sind nach Angaben von Klinger drei Musterklagen anhängig. Zwei vor dem Landgericht Bonn, das für die Klagen gegen die Bundeswehr zuständig ist, und eine vor dem Landgericht Frankfurt/Oder gegen die Bundeswehr als Rechtsnachfolger der NVA. Dabei geht es um Zusatzrenten von 240 bis 560 Euro monatlich. Geulen und Klinger vertreten 822 ehemalige Radartechniker. 185 Betroffene seien inzwischen verstorben.

Nachdem die vom Verteidigungsministerium eingesetzte, „Sommer-Kommission“ festgestellt hatte, dass die Krebserkrankungen der Soldaten vermutlich durch die Strahlung verursacht wurden, hatte der frühere Ressortchef Rudolf Scharping (SPD) mehrfach erklärt, dass die Opfer schnell und großzügig entschädigt würden. Nach Angaben des Ministeriums wurden bis Ende September 1714 Anträge gestellt, von denen 914 abgelehnt wurden. Neun Fälle seien anerkannt worden.

Kritik hatte es auch an der Zusammensetzung der neuen Kommission gegeben. Allerdings versicherte König dem Tagesspiegel, dass die Experten vom Ministerium unabhängig seien. Aufgabe sei es zu klären, welche gesundheitlichen Gefahren für die Soldaten von den Geräten ausgegangen sein könnten. „Außerdem geht es darum zu prüfen, ob die Untersuchungsverfahren, die die Bundeswehr bisher angewandt hat, wissenschaftlich korrekt sind, und alle Risiken berücksichtigt wurden.“ Sven Lemkemeyer

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