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Jean-Yves Le Drian, Annalena Baerbock und Josep Borrell.

© Christophe Archambault/Pool via REUTERS

Update

Putin selbst vorerst nicht auf der Liste: EU-Außenminister einigen sich auf Sanktionen gegen Russland

Keine 24 Stunden nach Russlands Eskalation der Ukraine-Krise sind sich die EU-Staaten einig über Sanktionen. Sie sind schärfer als ursprünglich angedacht.

Die Panzer rollen - Russland hat die Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine als eigenständige Republiken anerkannt. Präsident Wladimir Putin kündigte den Schritt am Montagabend in einer Rede im russischen Fernsehen an.

Bereits kurz nach seiner Ansprache mehrten sich die Berichte über russische Militärkonvois auf dem Gebiet der abtrünnigen Provinzen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich noch am Montagabend an die Ukrainer:innen und nannte die Schritte Moskaus eine eindeutige „Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität unseres Staates“.

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Die EU reagiert nun und verhängt angesichts der Eskalation im Ukraine-Konflikt neue Sanktionen gegen Russland. Die Außenminister der Mitgliedstaaten stimmten am Dienstag bei einem Sondertreffen in Paris einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission und des Auswärtigen Dienstes zu, wie der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian bestätigte. Die Strafmaßnahmen sollen am Mittwoch nach Abschluss technischer Vorbereitungen in Kraft treten.

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Das Sanktionspaket der EU umfasst ein Handelsverbot für russische Staatsanleihen, um eine Refinanzierung des russischen Staates zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen, wie die französische Präsidentschaft am Dienstagabend mitteilte.

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Darunter sind jene 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben, aber auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Auch sollen die Freihandelsregelungen der EU mit der Ukraine nicht mehr für die Gebiete in der Ostukraine gelten.

Gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin persönlich werden trotz seiner Verantwortung für die jüngste Eskalation im Ukraine-Konflikt vorerst keine EU-Sanktionen verhängt. „Herr Putin ist nicht auf der Liste der Sanktionierten“, bestätigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstagabend nach einem Sondertreffen der EU-Außenminister in Paris. Man habe so entschieden, weil es die Notwendigkeit gebe, weitere Maßnahmen in Reserve zu haben.

Dieses vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums veröffentlichen Foto zeigt Panzer der russischen Armee
Dieses vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums veröffentlichen Foto zeigt Panzer der russischen Armee

© Russian Defense Ministry Press Service/AP/dpa

Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.

Die Schweizer Bundesrat analysiert die derzeitige Lage und entscheide dann, ob das als neutral geltende Land sich den Sanktionen der EU anschließe, berichtet Reuters unter Berufung auf einen Sprecher des Schweizer Wirtschaftsministeriums.

Das Unterhaus in London stimmte am Dienstagmittag für Sanktionen gegen fünf russische Banken sowie drei wohlhabende russische Staatsangehörige. Die Vermögen von Gennadi Timtschenko sowie der Brüder Boris und Igor Rotenberg in Großbritannien werde eingefroren und Einreisen verboten. Die drei Männer gelten als enge Verbündete Putins. Laut Premierminister Boris Johnson sollen weitere Strafmaßnahmen folgen.

Das britische Außenministerium bestellte am Dienstag zusätzlich den Botschafter Russlands ein, teilte das Ministerium mit. Medienberichten zufolge sei eine Ausweisung russischer Diplomat:innen derzeit aber nicht angedacht.

Bundesregierung stoppt Nord Stream 2

Eine weitere Strafmaßnahme ist der Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2. Bundeskanzler Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in einer Pressekonferenz am Dienstagmittag, dass die Zertifizierung der Pipeline bis auf Weiteres gestoppt werde. Die deutsch-russische Erdgasleitung werde vorerst keine Betriebsgenehmigung bekommen. Zuvor hatte sich Scholz immer nur vage geäußert.

Am Samstag hatte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt: „Jede weitere Verletzung (der ukrainischen Integrität) wird hohe Kosten haben für Russland – politisch, wirtschaftlich und geostrategisch.“ Scholz hatte sich in der Vergangenheit immer bedeckt gehalten, was mögliche Sanktionen gegen Russland angeht. Putin solle sich nicht ausrechnen können, was seine Taten für Folgen haben werden, hieß es in der Begründung. Bei seinem Besuch vergangene Woche in Moskau sagte Scholz: „Was die Pipeline selber betrifft, wissen alle, was los ist.“

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Die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 durch Bundeskanzler Scholz stößt beim grünen Koalitionspartner auf ein positives Echo. „Ich begrüße die Entscheidung der Bundesregierung, das Genehmigungsverfahren für die Erdgasleitung Nord Stream 2 bis auf Weiteres zu stoppen“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem Tagesspiegel.

Japan und Australien schließen sich Sanktionen der EU und USA an

Bereits am Montag (Ortszeit) hatte Joe Biden ein Dekret unterzeichnet, „um Russland die Möglichkeit zu nehmen, von seinen eklatanten Verstößen gegen das Völkerrecht zu profitieren“, schrieb der US-Präsident auf Twitter. Das Dekret verbietet Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatisten-Regionen in der Ost-Ukraine. Am Dienstag kündigte Biden schließlich weitere Sanktionen gegen zwei russische Banken, gegen den Handel mit russischen Staatsanleihen und gegen drei Unterstützer Putins und deren Angehörige an.

Japan und Australien schließen sich den Sanktionen an: Japans Premierminister Fumio Kishida kündigte am Mittwoch ein Einreiseverbot für bestimmte Personen mit Verbindungen zu den „zwei sogenannten Republiken“ der pro-russischen Separatisten an. Ihre Vermögenswerte in Japan sollen eingefroren und japanischen Unternehmen der Handel mit der Region untersagt werden.

Außerdem will die Regierung den Handel mit russischen Staatsanleihen verbieten. Die Sanktionen seien "in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft" beschlossen worden, sagte Kishida.

Unterdessen kündigte Australiens Premierminister Scott Morrison Sanktionen gegen acht der wichtigsten Sicherheitsberater von Russlands Präsident Wladimir Putin an. Diese erhalten Einreiseverbote für Australien. Zudem will die Regierung gegen Banken vorgehen, die mit dem russischen Militär in Verbindung stehen. Morrison kündigte außerdem an, dass er die Bearbeitung von Visa für rund 430 Ukrainer, die nach Australien einreisen wollen, beschleunigen werde.

Diese Sanktionen könnten noch kommen

Eine weitere Strafmaßnahme gegen Russland könnte der Ausschluss aus dem Swift-System sein. Banken benutzen das internationale Zahlungssystem, um sich grenzübergreifend über Zahlungen zu informieren. Zuvor lief das umständlich über Fernschreiber, erklärt Eva Konzett, Journalistin der österreichischen Wochenzeitung „Falter“, auf Twitter. Weltweit nutzten mehr als 2000 Banken das System.

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Bereits 2014, als Russland die Krim annektierte, wurde über einen Ausschluss Russland aus dem Swift-System beraten. Der damalige russische Finanzminister habe damals mit einem Einbruch der heimischen Wirtschaftsleistung um etwa fünf Prozent prognostiziert, schreibt Konzett – „eine dramatische Wirtschaftskrise“.

Für die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) sei der Wegfall Russlands verkraftbar, twittert Konzett weiter. Das Land mache nur 1,5 Prozent der Transaktionen aus. Russland aber würde ein Ausschluss aus dem Swift-System „immens treffen“.

Mehr zum Ukraine-Russland-Konflikt:

In Brüssel gilt ein Ausschluss Russland aber als eher unwahrscheinlich, berichtet der „Bayerische Rundfunk“. Der internationale Handel und die Kapitalmärkte könnten dadurch massiv gestört werden. Für wahrscheinlicher gilt es, dass einzelne russische Banken auf einer möglichen Sanktionsliste stehen. So könne man Putin und seine Vertrauten direkt treffen und den Devisenfluss kappen, heißt es in dem Bericht weiter.

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Neben dem Einfrieren von Konten und Reisebeschränkungen könnte auch ein Embargo von Maschinen, Software und Halbleitern diskutiert worden sein. „Die EU und ihre Partner werden in Solidarität mit der Ukraine mit Einigkeit, Entschlossenheit und Entschiedenheit reagieren“, twitterte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch am Montagabend.

[Lesen Sie auch: Ukraine-Krise: Welche Folgen ein Krieg für die Börse und die deutsche Wirtschaft hätte (T+)]

Die Strafmaßnahmen werden aber auch die europäische und deutsche Wirtschaft treffen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Grüne) am Wochenende dem „Handelsblatt“. Seine Parteifreundin und Außenministerin Annalena Baerbock sagte Anfang Februar in Kiew, Deutschland sei im Falle von Sanktionen gegen Russland „bereit, dafür einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“.

Nicht auf der Liste möglicher Maßnahmen hingegen steht ein militärisches Eingreifen. Der Westen hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied ist und im Falle eines russischen Einmarsches kein Bündnisfall bestehe. Etliche westliche Staaten unterstützen die Ukraine jedoch mit militärischem Gerät. (mit dpa/Reuters/AFP)

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