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Grönland, Kulusuk: Ein Eisberg schwimmt bei Sonnenuntergang auf dem Meer.

© Felipe Dana/AP/dpa

Pseudo-Wissenschaft für die Massen: In München trifft sich die deutsche Klimaskeptiker-Szene

Der AfD-nahe Think-Tank "Eike" verbreitet Informationen für Klimawandel-Leugner. Jetzt sorgt eine geplante Konferenz in einem Münchner Hotel für Wirbel.

Für Klimaskeptiker sind es ungemütliche Zeiten. Diesen Freitag ruft die „Fridays for Future“-Bewegung zum internationalen Klimastreik auf – es soll eine der größten Klimademos der Geschichte werden. Am selben Tag stellt auch die Bundesregierung ihr milliardenschweres Klimapaket vor. Die Bekämpfung des Klimawandels hat hohe Priorität für Politik und Bürger.

Auf dem Höhepunkt der Klimadebatte richtet das selbsternannte „Europäische Institut für Klima und Energie“ (EIKE) ihre mittlerweile 13. Klimakonferenz aus. Das Ziel des Vereins: In der Bevölkerung Zweifel streuen am wissenschaftlichen Konsens des menschengemachten Klimawandels. Stattfinden wird die Veranstaltung am 22. und 23. November im Münchener NH Conference Center – einem schicken Hotel im Münchner Osten.

Das stößt auf Kritik: „Diese Klimawandelleugner gefährden unsere Zukunft“, findet Marco Bülow (Parteilos), Mitglied im Umweltausschuss des Bundestags. „Jedes Unternehmen sollte sich gut überlegen, wem sie ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.“

Der Verein Eike ist in der Szene der Leugner des menschengemachten Klimawandels gut vernetzt. Als Redner geladen wurde unter anderem der Geologe Sebastian Lüning, der in seinem Buch „Die kalte Sonne“ die Behauptung aufstellt, die erhöhte Sonnenaktivität sei für die globalen Veränderungen verantwortlich. Diese Theorie wurde in der Wissenschaft eindeutig widerlegt. Seit den 80’er Jahren nimmt die Sonnenaktivität im Durchschnitt ab, die Temperatursteigerungen auf der Erde haben sich also gegensätzlich entwickelt.

Argumente halten wissenschaftlicher Prüfung nicht stand

Ebenfalls dabei: Der Klimawandelleugner James Taylor vom amerikanischen „Heartland Institute“. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung hat der rechtskonservative Think-Tank in den vergangenen Monaten vermehrt Einfluss auf die Klima- und Wirtschaftspolitik von US-Präsident Trump genommen und maßgeblich daran mitgearbeitet, das Pariser Klimaabkommen zu verlassen. Ihr Ziel ist es, die Interessen der Öl- und Kohleindustrie zu sichern.
Renommierte Wissenschaftler stellen sich gegen die Behauptungen, die Eike etwa auf seiner Homepage aufstellt. Dort heißt es: „Für die Südhalbkugel der Erde wurde bis heute kein signifikanter oder gar einheitlicher Erwärmungstrend gefunden.“

Professor Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel sagte dem Tagesspiegel: „Einen einheitlichen Trend in sämtlichen Regionen der Erde gibt es so selbstverständlich nicht. Die globale Erwärmung läuft nicht linear ab. Das Entscheidende ist aber der Mittelwert der gesamten Erdoberfläche.“ Seit dem Jahr 1880, dem Beginn der Wetteraufzeichnungen ist die Durchschnittstemperatur um 1,1° Celsius gestiegen.

Klimawandel-Leugner wurde handgreiflich

„Die Wirkung, die Eike und auch diese Konferenz hat, wird unterschätzt“, sagte Axel Mayer, Vorsitzender des BUND in Freiburg. „Ihre Arbeit selbst ist überschaubar, die Multiplikationswirkung aber ist enorm. Nicht nur die AfD hat ihre Argumente übernommen, auch für Windkraftgegner fungieren sie als Vorlagengeber. Wenn man Falsches nur oft genug wiederholt, setzt es sich irgendwann fest.“

Bereits letztes Jahr fand die Klimakonferenz von Eike im Münchner NH Hotel statt und sorgte für Aufsehen, als man einem ARD-Team von „Monitor“ zunächst Hausverbot erteilte. Einer der Teilnehmer wurde gegenüber dem Reporter vor laufender Kamera hangreiflich.

Hotelkette distanziert sich

Auf die Frage des Tagesspiegels, ob die Positionen des Vereins bekannt sind, wollte sich die Geschäftsführung des NH München Ost Congress Center nicht äußern. Eine Sprecherin des Unternehmens teilte mit, man distanziere sich ausdrücklich von der politischen Botschaft. „Ein Leugnen des menschengemachten Klimawandels ist mit den Wertevorstellungen der NH Hotelgruppe nicht vereinbar.“ Ein weiteres Vorgehen werde geprüft, teilte man mit. Ob sich die Konferenz nun einen anderen Veranstaltungsort suchen muss, bleibt abzuwarten.

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