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Tödlicher Messerangriff. Nach dem Attentat auf ein schwules Paar im Oktober 2020 in Dresden untersucht die Polizei den Tatort. Im April beginnt der Prozess gegen den islamistischen Täter

© Roland Halkasch/dpa

Prozess zu islamistischem Attentat in Dresden: Tödlicher Messerangriff aus Hass auf Schwule

Im April beginnt in Dresden der Prozess gegen Abdullah A. H. H. Der als Gefährder eingestufte Syrer erstach im Oktober 2020 einen schwulen Touristen.

Von Frank Jansen

Der Islamist Abdullah A. H. H. muss sich vom 12. April an vor dem Oberlandesgericht Dresden für den tödlichen Angriff auf einen schwulen Touristen und die schwere Verletzung von dessen Lebenspartner verantworten. Den Termin gab das OLG am Dienstag bekannt. Der Syrer hatte am 4. Oktober 2020 in der sächsischen Hauptstadt nahe dem Kulturpalast auf die beiden Männer aus Krefeld im Alter von 55 und 53 Jahren eingestochen. Der 55-Jährige starb kurze Zeit später im Krankenhaus, das zweite Opfer überlebte nur knapp. Abdullah A. H. H., ein Anhänger der Terrormiliz „Islamischer Staat“, wurde zwei Wochen nach dem Attentat festgenommen.

Den Fall hat die Bundesanwaltschaft wegen besonderer Bedeutung an sich gezogen. In der Anfang März erhobenen Anklage heißt es, der Angeschuldigte habe aus einer „radikal-islamistischen Gesinnung“ heraus gehandelt. Die beiden Tatopfer habe er ausgewählt, „um sie als Repräsentanten einer von ihm als ,ungläubig‘ abgelehnten freiheitlichen und offenen Gesellschaftsordnung mit dem Tode zu bestrafen“. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Täter Mord, versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor.

Der junge Syrer war gerade erst aus der Haft entlassen

Schon vor der Tat galt der Islamist als hochgefährlich. Die Polizei hatte ihn als terroristischen Gefährder eingestuft. Abdullah A. H. H. war fünf Tage vor dem Angriff aus mehr als dreijähriger Haft entlassen worden. Das Oberlandesgericht Dresden hatte den jungen Syrer, dessen genaues Alter unklar ist, im November 2018 unter anderem wegen Werbung für die Terrormiliz IS zu knapp drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die Haft verlängerte sich, weil Abdullah A. H. H. im Gefängnis Justizwachmeister attackierte.

Polizei und Verfassungsschutz hatten vereinbart, in einem „Wirkverbund“ den Syrer nach der Haftentlassung im Auge zu behalten. Der Verfassungsschutz sollte Abullah A. H. H. auf den Fersen bleiben und bei einer drohenden Straftat die Polizei alarmieren. Doch als der Islamist zustach, war kein Beamter in der Nähe. Der Verfassungsschutz hatte die Überwachung des Gefährders auf eine „technische Observation“ reduziert. Vor dem Eingang zum Wohnhaus des Syrers wurde eine versteckte Kamera installiert, eine Observation des Islamisten nach Verlassen des Gebäudes unterblieb. So bekamen die Sicherheitsbehörden schon nicht mit, dass Abdullah A. H. H. in einem Kaufhaus Messer erwarb.

Das genaue Alter von Abdullah A. H. H. ist unklar

Abdullah A. H. H. war im Oktober 2015 alleine als Geflüchteter nach Deutschland gekommen. Er gab sein Alter mit 15 Jahren an, möglicherweise war er aber schon 17. Das OLG Dresden wandte im ersten Prozess Jugendstrafrecht an. Im neuen Verfahren werde nach Erwachsenenstrafrecht verhandelt, sagte eine Sprecherin des Gerichts dem Tagesspiegel. Der 4. Strafsenat werde aber prüfen, ob der Angeklagte zur Tatzeit noch Heranwachsender war und dann doch nach Jugendstrafrecht zu behandeln sei. Ein Heranwachsender, das ist das Alter zwischen 18 und 21 Jahren, kann bei nachgewiesener „Reifeverzögerung“ noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Bei Jugendstrafrecht beträgt die Höchststrafe zehn Jahre Haft, auch bei Mord. Im Erwachsenenstrafrecht wird Mord mit lebenslanger Haft geahndet.

Für den Prozess gegen Abdullah A. H. H. hat das Gericht bislang zwölf Verhandlungstage bis Ende Mai terminiert.

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