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Ex-Regionalpräsident von Katalonien, Carles Puigdemont.

© dpa/ Kay Nietfeld

Prozess in Madrid: Puigdemont fordert Freispruch von katalanischen Unabhängigkeitsführern

Zwölf angeklagten Vertretern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung drohen lange Haftstrafen. Puigdemont fordert ihren Freispruch.

Vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid hat der Prozess gegen zwölf führende Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung begonnen. Neun von ihnen, darunter dem einstigen Vize-Regionalpräsidenten Oriol Junqueras, drohen wegen der versuchten Abspaltung ihrer Region von Spanien langjährige Haftstrafen wegen "Rebellion". Die Verteidigung sprach von einem politischen Prozess, der "die Opposition ins Visier" nehme. Der ins Exil geflohene frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont forderte Freisprüche.

Die Angeklagten, von denen einige seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen und die alle Vorwürfe vehement zurückweisen, nahmen in dem überfüllten Gerichtssaal auf vier Bänken gegenüber der Richterbank Platz. Am ersten Prozesstag sollte es zunächst nur um Verfahrensfragen gehen.

Der Prozess ist auf drei Monate angesetzt und wird live im Fernsehen übertragen. Hunderte Zeugen sollen gehört werden, darunter Spaniens konservativer Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy. Mit einem Urteil wird nicht vor Juli gerechnet.

Puigdemont bleibt nach seiner Flucht ins belgische Exil ein Prozess erspart, da die spanische Justiz keine Prozesse in Abwesenheit des Angeklagten führt. Bei einer Pressekonferenz in Berlin verurteilte er die "Anklage gegen unschuldige, honorige Personen" und forderte den Freispruch aller Angeklagten.

Puigdemont: "Für uns ist das keine Rebellion, Urnen aufzustellen"

"Für uns ist das keine Rebellion, Urnen aufzustellen", sagte Puigdemont mit Blick auf das von ihm im Jahr 2017 angesetzte Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens, das den Konflikt zwischen Madrid und Barcelona hatte eskalieren lassen.

Der Vorwurf der Rebellion ist in dem Verfahren umstritten: Gemäß dem spanischem Strafrecht setzt "Rebellion" voraus, dass Gewalt eingesetzt oder zumindest zu ihr aufgerufen wurde. Während die Staatsanwaltschaft das als gegeben ansieht, wird es von der Verteidigung entschieden bestritten.

Der Angeklagte Carles Mundo nannte den Vorwurf der Staatsanwaltschaft "absurd". Es habe keine Gewalt gegeben, "wie jeder sehen konnte", sagte er der AFP. Verteidiger Andreu Van den Eynde warf den Behörden vor, die Grundrechte der Angeklagten zu missachten.

Puigdemont verwies darauf, dass ein deutsches Gericht seine Auslieferung an Spanien wegen des Vorwurfs der "Rebellion" für unzulässig erklärt hatte. Er war im März aufgrund eines internationalen Haftbefehls bei der Durchreise in Schleswig-Holstein zeitweise festgenommen worden. Der Ausgang des Verfahrens im Madrid sei nun ein "Test" für die spanische Demokratie und den spanischen Rechtsstaat, sagte Puigdemont.

Der Streit um Kataloniens Unabhängigkeitsbestrebungen war im Oktober 2017 eskaliert, als der damalige Regionalpräsident Puigdemont einen von der spanischen Justiz als illegal eingestuften Volksentscheid organisierte und danach die Loslösung von Spanien erklärte. Die damalige spanische Zentralregierung unter Rajoy stellte die Region daraufhin unter Zwangsverwaltung, setzte Puigdemont als Regionalpräsident ab und ließ mehrere Unabhängigkeitsbefürworter inhaftieren.

Protestkundgebung in Madrid

Der Prozess gegen die Katalanen spaltet nun erneut das Land. Die höchste Strafe von 25 Jahren Gefängnis wegen "Rebellion" und Zweckentfremdung öffentlicher Gelder verlangt die Staatsanwaltschaft für den ehemaligen stellvertretenden Regionalpräsidenten Junqueras.

In Madrid versammelten sich am Dienstag führende katalanische Politiker zu einer Protestkundgebung, darunter Regionalpräsident Quim Torra, der im Prozess auf der Zuschauerbank saß. Unabhängigkeitsbefürworter organisierten in Katalonien mehrere Straßenblockaden und setzten Autoreifen in Brand. In Barcelona riefen Unabhängigkeitsbefürworter für den Abend (19.00 Uhr MEZ) zu Protesten auf.

Spaniens Justiz sieht sich wegen des Prozesses internationaler Kritik ausgesetzt. In einem ungewöhnlichen Schritt informierten am Dienstag spanische Botschaften in mehreren europäischen Hauptstädten Reporter und veröffentlichten "12 Falschaussagen über Spanien", in denen sie gängige Behauptungen von Unabhängigkeitsbefürwortern zu widerlegen versuchten.

Am Sonntag hatten zehntausende Menschen - angeführt von einem Bündnis aus konservativer PP und der ultarechten Vox - in Madrid gegen die linksgerichtete Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez protestiert und vor einer Abspaltung Kataloniens gewarnt. Sanchez' Minderheitsregierung ist bei der Verabschiedung des Haushalts 2019 durch das Parlament am Mittwoch auf die Unterstützung der Unabhängigkeitsbefürworter angewiesen. Sollten sie ihre Zustimmung verweigern, könnte es vorgezogene Neuwahlen geben. (AFP)

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