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Prozess gegen rechte Terrorgruppe. Die Bundesanwaltschaft hat ein Dutzend Männer angeklagt, die Angriffe auf Moscheen und Politiker geplant haben sollen. Am Dienstag beginnt in Stuttgart der Prozess

© Marijan Murat/dpa

Prozess gegen rechtsextreme Terrorgruppe: Rassisten wollten Grünenpolitiker Habeck und Hofreiter töten

Diesen Dienstag beginnt am Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess gegen die militante Vereinigung „Werner S.“. Sie hatte bereits reichlich Waffen.

Von Frank Jansen

Sie wollten eine vollbesetzte Moschee anzünden, sie redeten über Attentate auf die Grünen-Politiker Robert Habeck und Anton Hofreiter, sie bewaffneten sich und hofften auf einen  Bürgerkrieg. Die rechtsextreme Terrorgruppe „Werner S.“, so von den Sicherheitsbehörden nach dem Anführer genannt, war offenbar eine der gefährlichsten und größten militanten Vereinigungen von Rassisten seit der Wiedervereinigung. Nun müssen sich die mutmaßlichen Mitglieder im Alter von Anfang 30 bis Anfang 60 in einem Prozess verantworten. Diesen Dienstag beginnt am Oberlandesgericht Stuttgart die Hauptverhandlung gegen Werner S., Spitzname „Teutonico“, und elf weitere Männer. Zumindest ein Teil der Gruppe nannte sich selbst „Der harte Kern“. Ein weiterer Beschuldigter verstarb in der Untersuchungshaft.

Bis auf einen Angeklagten wirft die Bundesanwaltschaft allen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor, der zwölfte Mann soll die Truppe „nur“ unterstützt haben. Doch gerade dieser Angeklagte ist den Sicherheitsbehörden peinlich. Der Mann war Mitarbeiter der Verwaltung des Polizeipräsidiums Hamm (Westfalen). Anzeichen für eine rechtsextreme Gesinnung gab es schon länger, dienstrechtliche Konsequenzen blieben aus.

Gründungstreffen auf einem Grillplatz

Werner S. und der Mitangeklagte Tony E. gelten als Rädelsführer. Sie sollen mit sechs weiteren Angeklagten bei einem Treffen im September 2019 auf einem Grillplatz in Alfdorf (Baden-Württemberg) die Terrorgruppe gegründet haben. Die Gründungsmitglieder „zielten darauf ab, mit ihrer Vereinigung die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden“, sagt die Bundesanwaltschaft. „Zu diesem Zweck sollten durch Angriffe auf Moscheen und die Tötung oder Verletzung einer möglichst großen Anzahl dort anwesender muslimischer Gläubiger bürgerkriegsähnliche Zustände herbeigeführt werden.“ Es sei auch erwogen worden, „gewaltsam gegen politisch Andersdenkende vorzugehen“. Beim Treffen soll Werner S. eine scharfe Pistole mit sich geführt und gleich auch Schießübungen gemacht haben.

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Am 3. Oktober 2019, dem Jahrestag der Einheit, beteiligten sich Mitglieder der Gruppe an einem rechten Aufmarsch in Berlin. Und bis zum Januar 2020 stießen weitere Rechtsextremisten zum Trupp um Werner S. Die Sicherheitsbehörden kamen der militanten Vereinigung auf die Spur, als sich ein Mitglied dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg offenbarte. Von da an wurde die Gruppe intensiv überwacht. Die Männer sollen verabredet haben, 50.000 Euro zusammenzulegen, um Waffen zu besorgen.

Kauf von Waffen in Tschechien geplant

Als sie Anfang Februar 2020 bei einem Treffen im westfälischen Minden darüber sprachen, in Tschechien Pistolen zu beschaffen, wurden Bundesanwaltschaft, Polizei und Verfassungsschutz unruhig. Spezialeinheiten schwärmten am 14. Februar in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zu einer großen Razzia aus. Werner S. und elf Kumpane wurden festgenommen. Bei den Durchsuchungen von 15 Objekten fanden die Polizeibeamten 32 Waffen, darunter eine selbstgebaute Slam-Gun, mehrere hundert Schuss Munition, Handgranaten und Anleitungen zum Bau von Bomben. Die Gruppe war offenkundig schon für einen Angriff gerüstet.

Werner S. scheint auch in der Untersuchungshaft immer noch gefährlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen den Mann wegen des Verdachts, er habe einen italienischen Häftling nach einem Auftragsmörder gefragt. Der Killer sollte offenbar den Polizeiinformanten in der rechten Terrorgruppe beseitigen. Der Spitzel ist auf freiem Fuß.

Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat für den Prozess bislang 31 Termine angesetzt bis Anfang August. Dann beginnt die Sommerpause. Vorsorglich planen die Richter aber auch schon für die Zeit danach. Weitere Verhandlungstermine, heißt es, fänden vom 6. September an und dann jeweils dienstags und donnerstags statt. Der Strafsenat stellt sich offenkundig auf eine längere Hauptverhandlung ein.

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