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Die deutsche Journalistin Mesale Tolu kommt am 16. Oktober 2018 im Justizpalast, dem Gerichtsgebäude von Caglayan, in Istanbul, Türkei, an.

© REUTERS/Kemal Aslan

Prozess gegen deutsche Journalistin: Türkischer Staatsanwalt fordert Freispruch für Mesale Tolu

Die türkische Justiz warf Mesale Tolu unter anderem „Terrorpropaganda“ vor. Nun will die Staatsanwaltschaft alle Anklagepunkte gegen sie fallen lassen.

Im Prozess gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu hat die türkische Staatsanwaltschaft Freispruch in allen Anklagepunkten gefordert. Auch die restlichen Mitangeklagten sollten im Anklagepunkt der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation freigesprochen werden, teilte der Anwalt Keles Öztürk der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag mit.

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Die Staatsanwaltschaft habe jedoch Strafen gegen einige der Angeklagten wegen Terrorpropaganda gefordert - unter anderem für Tolus Ehemann, Suat Corlu. Die nächste Verhandlung soll am 24. Dezember stattfinden.

Die Staatsanwaltschaft hatte Tolu und den anderen Angeklagten in der ursprünglichen Anklageschrift unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MLKP vorgeworfen. Die gilt in der Türkei als Terrororganisation. Zusätzlich wurde ihnen Propaganda vorgeworfen. Tolu und ihr Ehemann sind bereits 2018 und 2019 nach Deutschland zurückgekehrt.

„Der heutige Tag zeigt, dass die Staatsanwaltschaft mit den Anklagen vier Jahre lang massiven Druck und Repressionen gegen die Angeklagten ausgeübt hat, ohne stichhaltige Beweise für die Anklagen zu haben“, teilte Margit Stumpp, Sprecherin für Medienpolitik der Bundestagsfraktion der Grünen, mit. Die lange Untersuchungshaft „unter schwierigsten Bedingungen“ sei „nie gerechtfertigt und völlig unangemessen“ gewesen.

„Auch ein Freispruch kann das Erlebte nicht wiedergutmachen“

Tolu sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Auch ein möglicher Freispruch im Dezember kann all das Erlebte, all die Schikanen und Repressionen nicht wiedergutmachen.“ Weiterhin seien Dutzende Menschen inhaftiert, Kritiker Repressalien ausgesetzt. „Dass ich oder meine Mitangeklagten vermutlich freigesprochen werden, wird an dieser Tatsache nichts ändern.“

Grünen-Politikerin Stumpp ergänzte, die lange Untersuchungshaft unter schwierigsten Bedingungen sei nie gerechtfertigt und völlig unangemessen gewesen. „Ich bin natürlich sehr froh über den beantragten Freispruch von Mesale Tolu, allerdings ist auch dieser Prozess unrechtmäßig und eine Schikane gegen politisch Andersdenkende.“

Der Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“, Christian Mihr, sagte in Berlin, sein Verband begrüße außerordentlich, dass die türkische Staatsanwaltschaft heute beantragt habe, Tolu freizusprechen. Die Vorwürfe seien haltlos gewesen. „Das haben wir während der viel zu langen vier Jahre, die dieser Prozess dauerte, immer wieder deutlich gemacht.“ Tolu sei in Deutschland in Sicherheit, aber noch immer säßen viel zu viele Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit zu Unrecht in Haft.

Tolu war Ende April 2017 in Istanbul festgenommen worden und anschließend mehr als sieben Monate in Haft. Die Journalistin kurdischer Herkunft hatte in Istanbul unter anderen für die Nachrichtenagentur Etha gearbeitet. Der Prozess gegen sie begann im Oktober 2017, rund zwei Monate später wurde Tolu unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Im August 2018 durfte sie nach Aufhebung der Ausreisesperre in ihre Heimat Deutschland zurückkehren. (dpa, epd)

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