zum Hauptinhalt
Christian Wulff trifft im Gericht auf seinen ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker.

© dpa

Prozess gegen Christian Wulff: Glaeseker will sich nicht erinnern

Christian Wulffs früherer Sprecher und Vertrauter Olaf Glaeseker hat als Zeuge im Prozess gegen den früheren Bundespräsidenten ausgesagt. Er war der letzte kleine Trumpf der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren. Konnte er zur Aufklärung der Vorwürfe gegen Wulff beitragen?

„Ich habe daran keine Erinnerung“, lautet ein Satz, zu dem Anwälte Zeugen raten, damit diese sich vor Gericht nicht unnötig in Schwierigkeiten bringen. Denn wo man sich nicht erinnern kann, kann man auch kaum gegen die zeugenschaftliche Wahrheitspflicht verstoßen.

Sollte Olaf Glaeseker diesen Rat von seinem Anwalt bekommen haben, ist er ihm am Mittwoch bei seinem Auftritt im Prozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff gründlich gefolgt. Wulffs langjähriger Sprecher, Freund und Vertrauter, der sich zurzeit ebenfalls wegen Korruptionsvorwürfen verantworten muss, wusste wenig von dem Geschehen, an dem die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe aufhängt. Danach soll Wulffs Freund, der mitangeklagte Filmfinanzier David Groenewold, dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten einen luxuriösen Oktoberfestausflug spendiert haben, damit der beim Siemens-Konzern Geld für die Vermarktung des Films „John Rabe“ lockermacht.

Das Verfahren wird wohl mit einem Freispruch enden

Der 52-jährige Glaeseker war der letzte kleine Trumpf der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren, das der Vorsitzende Richter Frank Rosenow mit einem Urteil am 27. Februar beenden will. Wahrscheinlich mit einem Freispruch. Nach Ansicht der Kammer hat sich eine strafbare Vorteilsannahme Wulffs nicht bestätigt. Was Wulff an Kost und Logis erhielt, halte sich im Rahmen des sozial Üblichen. Auf den späteren Einsatz für den Groenewold-Film komme es deshalb nicht mehr an. Die Ankläger wollten den Zeugen hören, weil mit dem neuen Jahr dessen Aussageverweigerungsrecht in der Sache hinfällig geworden war.

Glaeseker und Wulff als "siamesische Zwillinge"

Glaeseker hatte über Wulff mal gesagt, er wisse, was dieser denke, während der ihn als „siamesischen Zwilling“ titulierte. Für das umstrittene Filmprojekt galt das nach Darstellung des Zeugen jedoch wohl kaum. Das Thema Filmförderung sei im Medienreferat der Staatskanzlei abgehandelt worden. „Ich weiß darüber gar nichts“, beschied er die Richter. Wenn, dann nur von Hörensagen.

Manch Geschäftliches lief aber wohl doch über den Schreibtisch Glaesekers, etwa die Bitte um ein Zitat des Landeschefs für die Pressemeldung zur Gründung von Groenewolds „Waterfall Productions“. Die Staatskanzlei lehnte ab. Zu dem Namen Benjamin Herrmann fiel Glaeseker ebenfalls nichts ein, dabei hatte der „John Rabe“-Produzent an den Pressesprecher eine Mail über „das Ziel, Siemens an Bord zu holen“ verfasst. „Es wäre großartig, wenn durch Wulff der Knoten geplatzt wäre oder platzen könnte.“ Der Konzern gab jedoch nichts.

Man war eng miteinander

„Keine konkrete Erinnerung“ , habe er dazu, sagte Glaeseker, er habe damals täglich 150 Mails bekommen und diese vermutlich an Wulffs Büro weitergeleitet. Auch zwei Vermerke des Ministerpräsidenten kannte Glaeseker nicht, in denen dieser festhielt, geschäftliche Kontakte zu Groenewold nicht weiter intensivieren und vorhandene prüfen zu wollen: Wulff schien damals jedenfalls gespürt zu haben, dass er amtlich zum Freund Distanz halten musste. Keine Erinnerung auch an eine in der Staatskanzlei verfasste Lobrede Wulffs 2005 zu Groenewolds Engagement bei Filmfinanzierungen, zu der Groenewold offenbar selbst Input geliefert hatte.

Beim Oktoberfestbesuch war Glaeseker nicht dabei, da er kurzfristig erkrankt war. Trotzdem war man eng miteinander. Mit Groenewold immer noch, mit Wulff, den Glaeseker kaum eines Blickes würdigte, traf er sich das letzte Mal im Sommer 2012. Glaeseker bestätigte sogar, davon gewusst zu haben, dass der Berliner Freund ein Handy für den Ministerpräsidenten besorgte, als dieser schwer verliebt auf einem ehelichen Nebengleis Bettina Körner ansteuerte.

Der Richter ist irritiert, Wulff verärgert

Der Gewinn an Erkenntnis aus alldem blieb gering, gleichwohl wollte Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer seinen Zeugen nicht gleich ziehen lassen. Er hakte bei Kleinstwidersprüchen nach und dokumentierte Groenewolds damalige Genesungswünsche, obwohl Glaeseker sich in gewohnter Weise an keine zu erinnern meinte. Der Richter zeigte sich irritiert über die Fragen nach Kleinigkeiten, Wulff sich verärgert. Es reicht ihm offenbar jetzt.

Wohl war es auch nur ein begrenzt guter Tag für die Angeklagten, denn zuvor hatte Groenewolds frühere Sekretärin in einem wesentlichen Punkt der Darstellung ihres damaligen Chefs widersprochen. Es ging um ein Schreiben Groenewolds an Wulff mit der Bitte, bei Siemens-Vorstand Peter Löscher um Unterstützung für die Vermarktung von „John Rabe“ zu werben. Groenewold hatte gegenüber der Staatsanwaltschaft betont, die Absendung nicht veranlasst zu haben. „Das ist mir neu“, sagte die Zeugin D., die den Film als wirtschaftlich bedeutendes Projekt für Groenewolds Finanzierungsfonds „Odeon“ beschrieb.

Eine erste Anfrage direkt bei Siemens sei gescheitert, Groenewold habe daraufhin enttäuscht und „richtig verärgert“ reagiert. Deshalb hätten sich die Hoffnungen auf Christian Wulff gerichtet. Das Schreiben hatte Groenewold persönlich unterzeichnet, es soll dann per E-Mail an die Staatskanzlei gegangen sein. Die Plädoyers sollen am 20. Februar gehalten werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false