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Bei Protesten der "Gelbwesten"-Bewegung in Paris ist es auf den Champs-Élysées zu schweren Ausschreitungen gekommen.

© AFP/Bertrand Guay

Update

Proteste der "Gelbwesten"-Bewegung: Schwere Ausschreitungen auf den Champs-Élysées in Paris

Der Protest der „Gelbwesten“ gegen hohe Kraftstoffpreise ist in Randale ausgeartet. Macron bezeichnet die Ausschreitungen als beschämend.

Bei Protesten der französischen „Gelbwesten“-Bewegung gegen hohe Benzinpreise und Lebenshaltungskosten ist es am Samstag zu schweren Ausschreitungen auf den Pariser Champs-Élysées gekommen. Vermummte zerstörten Stadtmöbel, warfen Pflastersteine und errichteten auf der Prachtstraße Barrikaden. Über der Straße stand eine schwarze Rauchwolke. Die Polizei reagierte auf die Randale mit Tränengas und Wasserwerfern. Es gab mehrere Verletzte, darunter auch mindestens zwei Polizisten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die gewaltsamen Ausschreitungen bei den Protesten scharf verurteilt. Macron sprach von "Scham" angesichts der Gewalt auf den Straßen. Zugleich dankte er der Polizei für ihren "Mut und ihre Professionalität". Es gebe in Frankreich "keinen Platz für solche Gewalt".

Laut Innenminister Christophe Castaner sammelten sich in Paris rund 8000 Personen, darunter auch Mitglieder rechts- und linksextremer Gruppen, zu den Protesten. Auf den Champs-Elysées demonstrierten diesen Angaben zufolge bis zu 5000 Menschen. Die Atmosphäre wurde gespannt, als in gelbe Warnwesten gekleidete Demonstranten versuchten, Sicherheitsbarrieren am unteren Ende der Champs Elysées zu durchbrechen, um zum Élyséepalast, dem Amtssitz des Präsidenten Emmanuel Macron, vorzudringen. Keiner der Demonstranten sei jedoch in die Sperrzone um den Präsidentenpalast und den unteren Teil der Champs Elysées mit dem Concorde-Platz vorgedrungen, teilte die Polizei mit.

In anderen Vierteln der Hauptstadt und in anderen Städten des Landes verliefen die Proteste weitgehend ohne Zwischenfälle. Dem Innenministerium zufolge demonstrierten landesweit rund 81.000 Menschen. Dabei seien mehr als 30 Menschen festgenommen und mehr als 20 Menschen in Polizeigewahrsam genommen worden, hieß es.

Zahlreiche Sperrzonen im Zentrum von Paris

Tausende in gelbe Warnwesten gekleidete Demonstranten hatten am Morgen im Rahmen einer geplanten Großdemonstration begonnen, sich auf der Pariser Prachtmeile zu versammeln. Aktivisten hatten in den sozialen Netzwerken dazu aufgerufen, den Verkehr in der gesamten französischen Hauptstadt lahmzulegen. Die Proteste richten sich vor allem gegen die hohen Kraftstoffpreise und die geplante Ökosteuer auf Diesel, an der Präsident Emmanuel Macron bisher festhält.

Die Polizei hatte im Zentrum der französischen Hauptstadt zahlreiche Sperrzonen eingerichtet, in denen keine Proteste erlaubt waren, darunter der Platz de la Concorde, der Bereich um den Élyséepalast und die Champs-Élysées.

Über diese Verbote setzten sich die Demonstranten aber teils hinweg. Castaner hatte vergeblich versucht, die Demonstranten auf die Grünanlage neben dem Eiffelturm, Champ de Mars, zu lenken. Der Vorschlag wurde von den „Gelbwesten“ abgelehnt. Rechtspopulistin Marine Le Pen hatte kritisiert, dass die Bewegung auf der „gigantischen“ Grünanlage klein wirken werde - es handele sich um eine „Manipulation“, warf sie der Regierung vor.

Innenminister Castaner hatte am Freitagabend gewarnt: „Es gibt keine Freiheit ohne öffentliche Ordnung.“ Demonstrationen müssten ordentlich angemeldet werden, um die Sicherheit aller zu gewährleisten. Die Regierung hatte 3000 Polizisten mobilisiert und vor Ausschreitungen gewarnt, die sich auf den Champs-Élysées vor allem gegen die Sicherheitskräfte richteten.

In anderen Vierteln der Hauptstadt und in anderen Städten des Landes verliefen die Proteste weitgehend ohne Zwischenfälle. In Bordeaux im Westen Frankreichs hatten die Behörden keine Erlaubnis für eine Kundgebung erteilt.

Ursprünglich richtete sich die Bewegung gegen zu hohe Spritpreise. Mittlerweile ist sie zu einer Protestbewegung geworden, die sich gegen den Mitte-Präsidenten Macron persönlich richtet. Auf einigen Spruchbändern war am Samstag zu lesen: „Macron tritt zurück“. Die Bewegung, benannt nach den Warnwesten im Auto - ist breit und diffus. Hinter ihr steht keine Gewerkschaft und keine Partei.

Mann mit Sprengstoff um den Hals löst Polizeieinsatz aus

Am Freitagabend hatte offenbar ein Anhänger der „Gelbwesten“ in der westfranzösischen Stadt Angers einen Polizeieinsatz ausgelöst. Die Behörden berichteten, es habe große Gefahr bestanden, denn der mit einer gelben Weste bekleidete und später festgenommene 45-Jährige habe Sprengstoff mit einer Zündvorrichtung um den Hals getragen. Erst nach mehrstündigen Verhandlungen hatte er sich ergeben. Mit seiner Aktion habe er ein Treffen der „Gelbwesten“ mit Macron im Elysée-Palast erzwingen wollen, hieß es.

Bereits am vergangenen Wochenende waren in Frankreich fast 300.000 Menschen auf die Straßen gegangen. Seitdem errichten die „Gelbwesten“ im ganzen Land Blockaden. Zwei Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen, nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner sind mit Stand Freitag 136 Polizisten verletzt worden und mehr als 600 Zivilisten.

Zumeist legten die Demonstranten mit Straßenblockaden und Massendemonstrationen stellenweise den Verkehr lahm. Viele der „Gelbwesten“ befürchten, dass die Pariser Bilder brennender Straßenbarrikaden und vermummter Demonstranten mit gelber Weste ihrer Bewegung schaden. Man hoffe, dass die Randalierer ihrem Image nicht schade, erklärte eine „Gelbweste“ aus Chartres dem TV-Sender „BFMTV“. Man sei nach Paris gekommen, um friedlich gegen Macron und seine Politik der sozialen Ungerechtigkeit zu demonstrieren.

Hinter den „Gelben Westen“ steht keine Partei oder Gewerkschaft - die Bewegung ist in den sozialen Netzwerken entstanden. Die Kritiker protestieren gegen zu hohe Spritpreise - aber auch gegen Präsident Macron, dessen Kurs sie als Politik für die Reichen wahrnehmen. Macron will am Dienstag nach Angaben aus seinem Umfeld einen "Sozialpakt" vorstellen, um die Steuererhöhung auf Diesel "gerecht und demokratisch" auszugestalten. (dpa, AFP)

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