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Gregor Gysi

© dpa

Projekt 2017: Wie Gregor Gysi sich um eine rot-rote Annäherung bemüht

"Spitzengespräche" mit der Linkspartei? SPD-Chef Sigmar Gabriel will davon nichts wissen. Doch Gregor Gysi lässt sich davon wenig beeindrucken - und treibt die Sondierung unabhängig von Parteivorsitzenden voran.

Von Matthias Meisner

Es ist ein absurdes Spektakel. Seit Wochen stellt sich der neue SPD-Vizechef Ralf Stegner als Beauftragter für die Kontakte zur Linkspartei vor. Nur: Ein rot-rotes Gespräch hat der Schleswig-Holsteiner bisher zum einen nicht organisieren können. Was nichts daran ändert, dass es durchaus intensive Kontakte zwischen beiden Parteien gibt.
Erst diese Woche unterstrich Stegner erneut, es gehöre zur Strategie für die Bundestagswahl 2017, mit den kleinen Parteien zu reden. „Noch in diesem Jahr“ werde es losgehen, versprach er. Katja Kipping und Bernd Riexinger, die Vorsitzenden der Linken, allerdings bleiben bisher reserviert. Sie bestehen darauf, zunächst SPD-Chef Sigmar Gabriel zu treffen, der wiederum über einen Sprecher ausrichten lässt, „Spitzengespräche“ seien überflüssig. Die Replik von Riexinger dazu kam via Twitter: „Fest steht, wenn Stegner halb so oft reden würde wie er übers Reden redet, wäre der Terminkalender des ganzen Vorstands voll.“
Stegner, aber auch für das Vorsitzenden-Duo der Linkspartei dürften längst registriert haben, dass andere längst durch rot-rot-grüne Runden tingeln. Allen voran Gregor Gysi, der so seine Rolle als heimlicher Parteichef festigt. Mitte Februar war der Fraktionschef - zusammen mit seinem Grünen-Kollegen Anton Hofreiter – Gast bei der Denkfabrik der SPD-Bundestagsfraktion. Eingeladen hatte ihn eine alte Freundin, die frühere PDS-Vizechefin Angela Marquardt, inzwischen Managerin der Denkfabrik. Für 20. März hat er sich bei den Pragmatikern vom Netzwerk der SPD-Fraktion angesagt. Zwischendurch referierte er am Donnerstag vergangener Woche vor einem vertraulich tagenden Zirkel hochrangiger Funktionäre von SPD und Grünen, die sich in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung trafen.
Gysi präsentiert sich in solchen Runden als Macher, der Ängste nehmen will vor der Linkspartei. Zum Treffen vergangene Woche brachte er seinen Vize Dietmar Bartsch als stillen Beobachter mit, stellte ihn liebevoll als „Bartschi“ vor. Wichtig ist nach seiner Einschätzung die Einbindung von Sahra Wagenknecht vom linken Flügel – schon, um so auch Ex-Parteichef Oskar Lafontaine bei Laune zu halten. Vom Treffen bei der Denkfabrik wird Gysi mit dem Satz zitiert, „am Ende des Tages“ müssten Wagenknecht und Johannes Kahrs – Wortführer des konservativen Seeheimer Kreises der SPD - "miteinander können“. Also nicht nur reden.
Begleitet werden die Initiativen von dem Bemühen, existierende Gesprächskreise miteinander zu verknüpfen. Das betrifft neben der Denkfabrik unter anderem das Institut Solidarische Moderne um die frühere hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti sowie die R2G-Gruppe junger Abgeordneter von SPD, Linken und Grünen, die es schon seit Jahren gibt. Aufgewertet werden soll das „Denkwerk Demokratie“, für das Ex-Juso-Chef Benjamin Mikfeld als Geschäftsführer tätig ist. Hier soll der Grüne Hofreiter in den Beirat. Im Vorstand wird bald neben der neuen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi der neue Politische Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, sitzen. Auch die Parlamentsgeschäftsführer von SPD, Linken und Grünen trafen sich vergangene Woche zur Diskussion. Anders als erwartet hieß es anschließend, die außenpolitischen Positionen der Linkspartei würden keineswegs als Hauptkonflikt möglicher Koalitionen angesehen.

Die SPD-Linke Hilde Mattheis sagt: „Notwendig sind nicht Show-Veranstaltungen, sondern vertrauensbildende Maßnahmen.“ Sie hoffe, dass der Öffnungsbeschluss des Leipziger SPD-Bundesparteitages mit der rot-rot-grünen Option „nicht nur zur Ruhigstellung der Partei“ gemeint war.

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