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Pro & Contra: Hat Donald Trump den Nahost-Konflikt befriedet?

Mehrere Friedensverträge zwischen arabischen Staaten und Israel hat der Noch-US-Präsident ermöglicht. Eine historische Leistung? Zwei Meinungen.

Hat Donald Trump den Nahost-Konflikt befriedet und damit vollbracht, woran viele vor ihm gescheitert sind? Ja, schreibt Christian Böhme an dieser Stelle. Nein, argumentiert Andrea Nüsse hier:

Niemand ist gegen Frieden. Daher werden die angekündigten Friedensschlüsse mehrerer arabischer Länder mit Israel, die US-Präsident Donald Trump auf den letzten Metern seines Wiederwahlkampfs überraschend verkünden konnte, als historischer Fortschritt gefeiert. Dennoch bleiben großes Unbehagen und Skepsis zurück.

Es würde ja durchaus reichen, wenn die Friedensschlüsse, so sie wirklich unterzeichnet werden, nur zu einem kalten Frieden führen – auch wenn das faktisch der Zustand war, in dem sich zumindest die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Bahrein und Marokko längst mit Israel befanden. Doch die Nachhaltigkeit dieser Deals ist aus mehreren Gründen fragwürdig. Sie wurden – außer im Sudan– mit autoritären Herrschern abgeschlossen, ohne Diskussion oder Einbindung der Bevölkerung.

US-Waffen als Dank für das Ja zum Frieden mit Israel

Die ist in weiten Teilen gegen formale Normalisierung der Beziehungen mit Israel, wenn nicht zuvor die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete beendet wird. Das war jahrzehntelang auch die Position ihrer Herrschenden.

Im Falle Sudans ist es anders – und besonders heikel: Hier sitzt kein Diktator mehr am Hebel, der sein Volk ignorieren kann. Das Land befindet sich in einem fragilen demokratischen Übergangsprozess. Den hätten die USA etwa durch Aufhebung ihrer Sanktionen unterstützen können. Stattdessen haben sie damit Druck gemacht, um den Friedensschluss mit Israel zu „erzwingen“. Das kann sich als Hypothek für die demokratische Regierung erweisen.

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Die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko bekamen dagegen die Zusicherung für milliardenschwere US-Waffenlieferungen für ihre Friedens-Deals. Autoritäre Regime, die ihre eigenen Bevölkerungen unterdrücken und im Falle Marokkos im Dauerstreit mit seinem Nachbarn Algerien liegen, werden so mit modernster Waffentechnik ausgerüstet – im Gegenzug für einen Frieden mit einem weit entfernten Land, das sie ohnehin nicht bedroht hat. Das ist eine Friedensdividende der ganz besonderen Art.

In Marokko wird ein anderer Konflikt für den Frieden angeheizt

Noch verheerender könnte langfristig sein, dass die „Friedenabkommen“ erkauft wurden durch die Abkehr vom Völkerrecht. Die internationalen Rechtsordnung enthält das Recht der Selbstbestimmung und das Verbot der gewaltsamen Aneignung fremden Territoriums.

Die USA tolerieren seit Jahrzehnten die völkerrechtswidrige Zersiedlung der Palästinensergebiete durch Israel. Und nun boxt Trump auch noch unter Missachtung des Völkerrechts den Frieden Marokkos mit Israel durch: Die USA erkennen im Gegenzug die dessen Oberhoheit über die Gebiete der Westsahara an. Die gehören laut internationalem Recht aber nicht zu Marokko, sondern die dort lebenden Sahrawis sollten die Möglichkeit erhalten, durch ein Referendum selbst über ihr politisches Schicksal zu entscheiden. Das ist UN-Position. Aus Frust über die ausbleibenden Fortschritte hatte die militärische Vertretung der Sahrawis, die von Algerien unterstützt wird, kürzlich die Waffenruhe mit Marokko aufgekündigt. In diese explosive Lage hinein fällt nun noch die US-Anerkennung der marokkanischen Óberhoheit über dieses Gebiet, die auch ein neuer US-Präsident schwerlich wird rückgängig machen können. Verantwortungsvolle Geo- und Friedenspolitik sieht anders aus.

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