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Vor einem halben Jahr war die nordmalische Stadt Gao noch von Islamisten besetzt. Jetzt findet dort ein Wahlkampf statt, der an der Bevölkerung ziemlich vorbei geht. In Mali lag die Wahlbeteiligung schon immer niedrig bei etwa 40 Prozent. Dieses Mal könnten sogar noch weniger über ihren neuen Präsidenten abstimmen.

© AFP

Präsidentschaftswahlen in Mali: Eine mangelhafte Wahl

Am Sonntag stimmen die Malier über ihren nächsten Präsidenten ab – trotz aller Organisations- und Sicherheitsprobleme. Die Wahl findet auf Druck der Geberstaaten so früh statt, obwohl die UN-Blauhelmtruppe Minusma gerade erst ihren Dienst angetreten hat.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, hat schon vor ein paar Tagen festgestellt, dass die Wahlen in Mali „mangelhaft“ ausfallen werden. Trotzdem beschwor er die Malier, den Ausgang der Wahl hinzunehmen. Am Sonntag sind 6,8 Millionen Malier aufgerufen, ihren ersten Präsidenten seit dem Militärputsch und der darauf folgenden Eroberung von Nord-Mali durch Islamisten- und Tuareg-Milizen im Frühjahr 2012 zu wählen.

Die malische Presse handelt drei ehemalige Premierminister, Scheich Modibo Diarra, Modibo Sidibe und Ibrahim Boubacar Keita sowie den früheren Finanzminister Soumaila Cisse als Favoriten bei den Wahlen. Insgesamt treten 27 Kandidaten an. Allerdings rechnet niemand mit einer hohen Wahlbeteiligung. Schon bei „normalen“ Wahlen in Mali haben nie mehr als 40 Prozent der registrierten Wähler ihre Stimme abgegeben. Bei dieser Wahl rechnen Beobachter damit, dass die Beteiligung auf 30 Prozent fallen könnte. Neben den technischen Mängeln bei der Wahlvorbereitung ist dafür vor allem die nach wie vor prekäre Sicherheitslage vor allem im Norden verantwortlich.

Wegen der Mängel in der Vorbereitung der Wahl zog Tiébilé Drame seine Kandidatur zurück. Dabei hatte er durchaus Chancen. Er hatte erst vor einem guten Monat mit der Tuareg-Miliz MNLA im Auftrag der Übergangsregierung ausgehandelt, dass in Kidal im Norden des Landes auch gewählt werden darf. Dort hat die MNLA noch immer das Sagen.

Rund 1,2 Millionen wahlberechtigte Malier stehen gar nicht erst im Wählerverzeichnis, eine weitere halbe Million Malier ist nach Auskunft der Wahlkommission Ceni während der Kämpfe vertrieben worden und fehlt ebenfalls im Verzeichnis. Eine mögliche Stichwahl soll dann am 11. August folgen, wenn keiner der Kandidaten auf Anhieb mehr als 50 Prozent der Stimmen erreicht.

Louise Arbour und Gilles Yabi von der International Crisis Group haben vor wenigen Tagen noch einmal dafür plädiert, die Wahlen um drei Monate zu verschieben. Denn, so warnten sie, eine schlechte Wahl bringe keine gut legitimierte Regierung hervor. „Es besteht das Risiko, eine Krise gegen die nächste einzutauschen“, schrieben sie. Vor allem die USA und Frankreich hatten auf einen frühen Wahltermin gedrängt. Aisha Abdullahi, die Kommissarin der Afrikanischen Union (AU) für politische Angelegenheiten, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wenn wir mit Wahlen warten würden, bis alle Probleme gelöst sind, würden wir für immer warten.“

Eins der Probleme ist, dass die UN-Friedenstruppe Minusma gerade erst am 1. Juli ihren Dienst angetreten hat. Ein Großteil der Blauhelme wird wohl erst Ende des Jahres in Mali eintreffen, erfuhr der UN-Sicherheitsrat vor einem Monat kurz vor der Mandatsübernahme von der vorhergehenden Friedenstruppe der AU. Und der wichtigste Truppensteller Nigeria hat vor wenigen Tagen einen Teilabzug relevanter Truppenteile angekündigt. Offenbar hat sich die Militärführung in Abuja maßlos darüber geärgert, dass der nigerianische General der AU-Friedenstruppe von General Jean Bosco Kazura aus Ruanda an der Spitze der UN-Blauhelme abgelöst worden ist.

Eine offene Frage bleibt, wie sich das Militär verhalten wird. Der Anführer des Putschs 2012, Amadou Sanogo, hat zwar geschworen, sich aus der Politik herauszuhalten, als er an die Übergangsregierung übergab. Das hinderte ihn allerdings nicht, zwischenzeitlich einen Premierminister zu stürzen. Neben Sanogos Ambitionen sind die von der französischen Armee im Januar vertriebenen Islamisten- und Tuareg-Milizen ein ungelöstes Problem. Rund um die Wahl rechnen Sicherheitsexperten mit Anschlägen. Die mit dem Terrornetzwerk Al Qaida verbundene Aqim soll Jungen und Frauen für Anschläge rekrutiert haben.

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