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Russlands Präsident Wladimir Putin. Es war allein seine Wahl.

© dpa/ Alexei Druzhinin

Präsidentschaftswahl in Russland: Eine Wahl, die keine war

Es ist Zeit, die Dinge in Russland endlich beim Namen zu nennen. Die Abstimmung war weder fair noch frei. Die Europäer müssen einen neuen Ansatz für den Umgang mit Putins Regime finden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Russland hat am Sonntag einen neuen Präsidenten gewählt. An diesem Satz ist eigentlich alles falsch. Eine echte Wahl hatten die Russen nicht, die Abstimmung war weder fair noch frei. Das Ergebnis stand vorher fest. Die russischen Bürger waren nicht Akteure, sondern nur Statisten in einer Inszenierung. Es ist Zeit, die Dinge in Russland beim Namen zu nennen.

Lange haben sich viele im Westen täuschen lassen. Die Opposition sei zerstritten und chancenlos, hieß es. Wladimir Putin sei beim Volk beliebt. Doch einer, der ihn hätte herausfordern können bei dieser Wahl, der Oppositionsführer Boris Nemzow, wurde vor drei Jahren in Sichtweite des Kremls erschossen. Ein anderer bekannter Kandidat, Alexej Nawalny, wurde mit fadenscheinigen Vorwürfen in einem Gerichtsverfahren verurteilt und damit von der Wahl ausgeschlossen. Die Kandidaten, die am Ende auf dem Wahlzettel standen, konnten Putin nicht gefährlich werden und traten mit Billigung des Kremls an, von Putins Patentochter bis zu einem kommunistischen Millionär. Wie beliebt Putin ist, lässt sich aus dem Ergebnis vom Sonntag nicht ablesen.

Die Wahl, die keine war, fand ausgerechnet am vierten Jahrestag der Krim-Annexion statt. Ähnlich wie damals ist das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen heute in einer tiefen Krise. Zwei Wochen vor dem Wahltag wurde in Großbritannien ein russischer Ex-Spion mit einem chemischen Kampfstoff vergiftet, die Spur führt nach Russland.

Doch statt darüber zu diskutieren, auf welche Weise der Westen mit dieser zunehmend aggressiv auftretenden russischen Führung umgehen sollte, dreht sich die deutsche Debatte weitgehend um die Frage, ob Theresa May nicht voreilig gehandelt und überreagiert habe. Von den in Deutschland leider besonders zahlreich vertretenen Apologeten des Kremls ist zu hören, man wisse doch gar nicht, wer hinter dem Giftanschlag stehe, und man solle niemanden vorverurteilen.

Apologeten des Kremls helfen, Zweifel zu säen

Als 2014 Soldaten ohne Hoheitszeichen auf der Krim auftauchten, stritt Moskau zunächst ab, dass es sich um russische Truppen handelte. Erst nach der Annexion der Halbinsel gab Putin dies zu. In der Ostukraine sind seit vier Jahren russische Kämpfer im Einsatz. Doch der Kreml tut so, als sei Russland nicht beteiligt an diesem Krieg. Militärische Interventionen, Desinformationskampagnen, verdeckte Einflussnahme, Hackerangriffe, politische Morde mit weltweit geächteten Kampfstoffen – all das sind Angriffe auf andere Staaten, ihr demokratisches System, ihre Freiheit. Doch all diese Angriffe liefen gerade so verdeckt ab, dass sie es Moskau erlaubten, jede Beteiligung zu leugnen. An dieser Stelle kommen die Apologeten des Kremls im Westen ins Spiel, die fleißig mithalfen, Zweifel zu säen.

Denjenigen, die Moskaus aggressive Politik kritisieren, wird von der Staatspropaganda und ihren Unterstützern vorgeworfen, Russland feindlich gesonnen zu sein und in Reflexe des Kalten Krieges zurückzufallen. Doch auf der anderen Seite pflegen die sogenannten „Russlandversteher“ fast ausschließlich Kontakte mit dem Kreml, regierungstreuen Politikern und Wirtschaftsvertretern, die vom System Putin profitieren. Wer Russland wirklich kennt und liebt, steht der korrupten Kreml-Elite ablehnend gegenüber.

Sanktionen gegen die korrupte Machtelite

Nach dieser Wahl, die keine war, sollten die Europäer einen neuen Ansatz für ihren künftigen Umgang mit Putins Regime finden. Ein Boykott der Fußball-WM wäre reine Symbolpolitik. Viel wichtiger ist es, die korrupten Strukturen rund um die Vergabe der WM weiter aufzudecken, und nicht nur dort. Die Kreml-Elite hat im Westen ein Milliardenvermögen in Sicherheit gebracht. Gezielte Finanzsanktionen gegen zentrale Figuren des Regimes sind ebenso denkbar wie gesetzliche Regelungen, die die wahren Besitzer von Immobilien und Briefkastenfirmen besser offenlegen. Das würde auch eine wichtige Botschaft an die Menschen in Russland senden: Die Sanktionen richten sich nicht gegen sie und ihr Land, sondern gegen eine korrupte Machtelite.

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