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EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Montag in Brüssel.

© dpa

Post-Brexit-Gespräche: Selbst nach dem „No Deal“ könnte noch eine Lösung kommen

Ein „No Deal“ als Übergangslösung: Dieses Szenario deutet sich bei den Brexit-Verhandlungen laut einem Medienbericht an.

Am Montag waren es noch 17 Tage bis zum Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt am Jahresende. Wie schon so oft in den zurückliegenden Tagen unterrichtete Michel Barnier, der EU-Chefverhandler bei den Handelsgesprächen mit Großbritannien, in Brüssel die Vertreter der 27 Mitgliedstaaten der Gemeinschaft über den Stand der Dinge.

Dabei schloss Barnier nach Angaben des irischen Senders RTE eine vorübergehende "No-Deal"-Periode Anfang Januar selbst für den Fall nicht aus, dass in den kommenden Tagen eine Einigung mit London erreicht wird.

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Das würde bedeuten, dass ab dem 1. Januar die EU und Großbritannien in jedem Fall vorübergehend auf der Basis der Vereinbarungen der Welthandelsorganisation WTO Handel treiben müssten. Damit würden Zölle - unter anderem bei landwirtschaftlichen Produkten und in der Automobilindustrie - fällig.

Am Sonntag hatten EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der britische Regierungschef Boris Johnson vereinbart, die Frist für die seit März laufenden Post-Brexit-Gespräche noch einmal zu verlängern. Weil damit aber im Europaparlament eine reguläre Ratifizierung eines Handelsvertrages kaum noch zu schaffen ist, war in Brüssel über eine so genannte vorläufige Anwendung eines Post-Brexit-Deals spekuliert worden.

Dies würde bedeuten, dass das EU-Parlament dem Vertragswerk erst nach dem 31. Dezember zustimmt. Derartige Hoffnungen auf eine Abwendung des No-Deal-Szenarios in letzter Minute dämpfte Barnier nun laut dem RTE-Bericht. Denn auch für eine vorläufige Anwendung könnte die Zeit wegen der nötigen rechtlichen Vorbereitungen demnach zu knapp werden.

Europa-Staatsminister Roth: „No Deal“ würde Großbritannien härter treffen

Europa-Staatsminister Michael Roth bedauerte unterdessen mit Blick auf die Hängepartie mit London, dass auch Wirtschaft und Verbraucher einen Preis für die Ungewissheit im Ringen um einen Handelsvertrag mit Großbritannien zahlten.

„Die EU hat immer fair und transparent verhandelt, um eine gute Lösung für beide Seiten zu ermöglichen. Das tun wir auch weiterhin“, sagte Roth dem Tagesspiegel. Allerdings träfen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen eines „No Deal“ Großbritannien „noch wesentlich härter als die EU“, fügte der SPD-Politiker hinzu.

„Ein ‚No Deal‘ kennt keine Gewinner, nur Verlierer. Wir hoffen daher nach wie vor, dass es gelingt, eine Einigung zu erzielen. Aber eben nicht um jeden Preis. Und sollte es doch zu einem ‚No Deal‘ kommen, sind wir vorbereitet", sagte Roth weiter.

Die EU gehe „aus guten Gründen“ das Risiko einer Zeitnot bei der Ratifizierung eines möglichen Handelsdeals ein, um die Tür für einen Abschluss offen zu halten. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass es noch zu einem fairen Abkommen kommt. An der EU wird es gewiss nicht scheitern“, sagte Roth. Über eine technische Verlängerung der am Jahresende ablaufenden Übergangsfrist wollte er allerdings nicht spekulieren.

Roth warnte davor, beim möglichen Abschluss eines Abkommens mit London anschließend die nötige Beratungszeit im Europaparlament außer Acht zu lassen. Es gebe im Europaparlament eine „verständliche wachsende Unruhe“ über den Zeitplan, der „permanent gerissen“ worden sei.

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