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Archiv: Demonstranten der „Gelbwesten“ im November 2018 in Nordfrankreich.

© Charly TRIBALLEAU / AFP

Polizeigewalt in Frankreich: Polizisten erstmals wegen Gewalt gegen „Gelbwesten“ verurteilt

Polizisten, die Ohrfeigen verteilen und Steine nach „Gelbwesten“-Demonstranten werfen – angeblich aus Notwehr. Ein Pariser Gericht widerspricht dem nun.

Erstmals sind in Frankreich Polizisten wegen exzessiver Gewaltanwendung bei den Protesten der „Gelbwesten“ schuldig gesprochen worden. Ein Pariser Gericht verurteilte zwei Beamte am Donnerstag zu Bewährungsstrafen. Einer von ihnen hatte bei der Kundgebung am 1. Mai in der Hauptstadt einen Demonstranten geohrfeigt, er erhielt eine Bewährungsstrafe von vier Monaten. Eine zweimonatige Bewährungsstrafe wurde gegen den anderen Beamten verhängt, der einen Pflasterstein in Richtung von Demonstranten geworfen hatte.

Das Gericht blieb damit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Sie hatte eine jeweils um eine Monate längere Bewährungsstrafe für beide Beamte verlangt als dann verhängt wurde. Die „Gelbwesten“ werfen der Polizei seit Beginn der landesweiten Proteste am 17. November 2018 gegen den Reformkurs von Präsident Emmanuel Macron massive Gewalt vor.

Gericht urteilt – keine Notwehr

Die Proteste sind immer wieder in gewalttätige Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und der Polizei eskaliert. Nach einer offiziellen Zählung wurden dabei insgesamt etwa 2500 Demonstranten und rund 1800 Mitglieder der Sicherheitskräfte verletzt.

Der jetzt wegen des Steinwurfs verurteilte Beamte war auf Videoaufnahmen zu erkennen, die tausendfach in Online-Netzwerken geteilt wurden. Ob durch den Stein Menschen verletzt wurden, ist nicht zu sehen. In dem Prozess sagte der 44-Jährige aus, er habe den Stein „aus Angst“ vor den Krawallen geworfen.

Das Gericht gelangte zu dem Schluss, dass der Beamte nicht in Notwehr gehandelt habe. Er habe den Demonstranten mit dem Steinwurf einen „physischen und psychologischen Schock“ versetzen wollen, damit sie den Wurf von Geschossen gegen die Polizei einstellten.

Interne Untersuchungen über Polizeigewalt

Der Mann ist in Toulouse im Südwesten Frankreichs stationiert und war für die Maikundgebung nach Paris beordert worden. Er darf weiter als Polizist arbeiten, da er laut der Gerichtsentscheidung durch die Bewährungsstrafe nicht als vorbestraft gilt.

Dem zweiten Beamten wurde wegen der Ohrfeigen gegen den Demonstranten neben der Bewährungsstrafe noch eine Geldstrafe von 1000 Euro auferlegt. Auch seine Strafe wird nicht ins Strafenregister eingetragen, womit er im Polizeidienst bleiben kann.

Der Generalsekretär der Polizeigewerkschaft Alliance, Yvan Assioma, bezeichnete die Strafen als „streng“. Er sagte, das Verhalten der verurteilten Polizisten müsse „im Kontext“ gesehen werden. Nach den monatelangen Einsätzen bei den Protesten habe bei der Polizei damals „Müdigkeit“ geherrscht. Der Einsatz bei der Demonstration am 1. Mai sei „besonders schwierig“ gewesen.

Die Polizei führt interne Untersuchungen zu etwa zwei Dutzend Fällen mutmaßlich exzessiver Polizeigewalt bei den Protesten der „Gelbwesten“. Die jetzigen Bewährungsstrafen waren die ersten beiden Fälle, in denen diese Untersuchungen zu Gerichtsurteilen führten.

Für die Einsätze bei den Protesten hat die Regierung den Sicherheitskräften auch den Einsatz von Gummimunition erlaubt, die in weiten Teilen der EU verboten ist. Nach unabhängigen Zählungen erlitten dadurch hunderte Menschen Kopfverletzungen, mehr als 20 weitere verloren ein Auge. (AFP)

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