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Erdogan-Anhänger feiern im Juni in Berlin das Ergebnis der vorgezogenen Präsidenten- und Parlamentswahlen in der Türkei.

© Zinken/dpa

Exklusiv

Polizeieinsätze in Berlin: Fällt wegen Erdogan-Besuch das Spiel Hertha-Bayern aus?

Der Besuch des türkischen Präsidenten und der Tag der Deutschen Einheit stellen Berlins Polizei vor Probleme. Der Personalrat fordert, den Notstand auszurufen.

Wegen des bevorstehenden Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in rund zwei Wochen und den Feiern zum Tag der deutschen Einheit mehren sich Forderungen, den polizeilichen Notstand auszurufen. Der Gesamtpersonalrat der Polizei hat Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Dienstag gebeten, eine solche Notstandsregelung zu prüfen. Die Personalvertreter fordern nach Tagesspiegel-Informationen, das Freitagspiel der Fußball-Bundesliga abzusagen: Für den 28. September ist das Heimspiel von Hertha BSC gegen den FC Bayern München angesetzt – eine Begegnung, bei der ohnehin viel Polizei im Einsatz wäre.

Die Ankunft Erdogans wird für den Vorabend, den 27. September, erwartet. Für Freitag und Samstag sind in Berlin zahlreiche Demonstrationen angemeldet – im Fokus stehen die Lage der Menschenrechte, der Pressefreiheit und der Kurden in der Türkei. Vor allem mit Blick auf die Besatzung der syrischen Kurdenhochburg Afrin durch die türkische Armee und verbündete Islamisten wird mit Protesten in Berlin gerechnet. Daran wollen sich Initiativen aus Syrien, der Türkei und dem Irak beteiligen.

Linke Kurden könnten auf rechte Türken treffen

Auch die oppositionelle Linkspartei HDP, die trotz massiver Repression in der Türkei millionenfach Wählerstimmen bekommen hatte, ruft zu Demonstrationen auf. Zugleich mobilisieren von den deutschen Behörden als linksradikal eingestufte Gruppen nach Berlin. Es werden Auseinandersetzungen zwischen rechtsextremen, islamistischen Türken und Anhängern der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK erwartet.
In der Polizei ist von einem der schwierigsten Einsätze seit Jahren die Rede. Daran schließen sich die Einheitsfeiern vom 1. bis 3. Oktober an, die Berlin austragen wird. Für die Zeit vom 27. September bis 3. Oktober sind dazu zahlreiche Versammlungen angemeldet worden. Innensenator Geisel selbst hatte zugegeben, dass der Staatsbesuch Erdogans die Berliner Polizei an ihre Kapazitätsgrenzen bringe. Für die Bereitschaftspolizei gilt bereits für noch nicht erteilte Urlaube und freie Tage faktisch eine Sperre. Zusätzlich zu den Einsatzhundertschaften sollen aus dem Personal der örtlichen Direktionen noch Alarmhundertschaften aufgestellt werden. Erst vor eineinhalb Wochen hatte Sachsen wegen der Demonstrationen in Chemnitz das Zweitliga-Spiel zwischen Dynamo Dresden und dem Hamburger SV abgesagt.

Bis zu 10.000 Polizisten im Einsatz

Berlins Landesregierung hat bei der Bundespolizei und anderen Bundesländern um Unterstützung gebeten, feste Zusagen gibt es bislang nicht. Bereits jetzt sei absehbar, warnen Polizeigewerkschafter, dass die Zahl der zur Verfügung stehenden Beamten nicht ausreichen werde. Und dies, obwohl intern mit bis zu 10.000 Kräften gerechnet wird, die im Einsatz sein werden. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums sagte hingegen, man sei ausreichend vorbereitet, die Tage dürften aber als „herausfordernd“ bezeichnend werden.

Vor dem Besuch Erdogans ist die Führung der kurdenfreundlichen Linkspartei HDP aus der Türkei nach Deutschland gereist. An diesem Mittwoch sind Gespräche mit dem Auswärtigen Amt geplant. HDP-Co-Chef Sezai Temelli sagte am Dienstag, er fordere die Bundesregierung auf, mit Erdogan nicht nur über Wirtschaftshilfe zu sprechen – sondern über Menschenrechte, Pressefreiheit und Krieg. Die Oppositionspartei HDP wird in der Türkei verfolgt. Viele ihrer Mandatsträger leben inzwischen in Deutschland im Exil.

Mehr als eine Millionen Kurden in Deutschland

Allerdings wird in hierzulande das Verbot der PKK strenger ausgelegt als in anderen Ländern Europas – in Belgien etwa hatten Gerichte die PKK zwischenzeitlich als legitime Partei in einem bewaffneten Konflikt zwischen türkischem Staat und kurdischer Bewegung eingestuft. Erwartet wird, dass Erdogan in Berlin auch über die Aktivitäten kurdischer Exilanten in Deutschland sprechen will. Der Kurdischen Gemeinde Deutschland zufolge leben mehr als eine Millionen Menschen kurdischer Abstammung in Deutschland.

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