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Ein Schnellrestaurant der Kette "Wendy's" steht während Proteste in Flammen. In dem Restaurant wurde Rayshard Brooks am 13.06.2020 von der Polizei erschossen und getötet, nachdem er sich in der Drive-Thru-Linie des Restaurants geprügelt hatte.

© Brynn Anderson/AP/dpa

Ausschreitungen und Proteste in Atlanta: Polizeichefin tritt nach Tod eines Schwarzen bei Polizeieinsatz zurück

Knapp drei Wochen nach dem Tod George Floyds ist erneut ein Afroamerikaner bei einem Polizeieinsatz erschossen worden. In Atlanta liegen die Nerven blank.

Nach einem weiteren tödlichen Polizeieinsatz gegen einen Afroamerikaner in den USA ist es erneut zu teilweise gewaltsamen Protesten gegen Rassismus gekommen. Eine aufgebrachte Menge brannte am späten Samstagabend ein Schnellrestaurant am Tatort in Atlanta nieder.

Mehr als 100 Menschen demonstrierten in der Hauptstadt des südlichen Bundesstaates Georgia. Sie blockierten eine Hauptverkehrsstraße und forderten eine Anklage gegen die beiden weißen Polizisten, die an dem Einsatz am Freitagabend beteiligt waren.

Der 27-jährige Rayshard Brooks sei in seinem Wagen an der Drive-Thru-Zufahrt des Schnellrestaurants eingeschlafen und habe sich der Festnahme widersetzt, nachdem er einen Alkoholtest nicht bestanden habe, teilte die Polizei mit. Auf der Flucht sei er von einem der beiden Polizisten erschossen worden.

Der Vorfall, von dem es Videoaufnahmen gibt, dürfte die seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd anhaltenden Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt befeuern.

Atlantas Bürgermeisterin Keisha Lance Bottoms forderte die Entlassung der beiden Polizisten, gegen die Ermittlungen eingeleitet wurden. "Ich glaube nicht, dass dies eine gerechtfertigte Anwendung von tödlicher Gewalt war", sagte sie auf einer Pressekonferenz. Atlantas Polizeichefin Erika Shields trat zurück. Ein Polizeisprecher sagte, der Polizist, der geschossen habe, sei entlassen, der andere beurlaubt worden.

Mehrere Videos zeigen das Geschehen

Auf einer Videoaufnahme, die ein Unbeteiligter gemacht hat, ist zu sehen, wie Brooks mit den beiden Polizisten am Boden vor dem Restaurant ringt. Er kann sich losreißen und rennt über den Parkplatz. Dabei hat er einen Gegenstand in der Hand, der ein Elektroschocker der Polizei zu sein scheint.

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Ein zweites Video von der Kamera des Restaurants zeigt, wie Brooks sich im Lauf umdreht und möglicherweise mit einem Elektroschocker auf die ihn verfolgenden Polizisten zielt. Dann schießt ein Polizist, und Brooks stürzt zu Boden.

Brooks sei an etwas sechs Autos vorbeigerannt bevor er sich zu seinen Verfolgern umgedreht habe, sagte Vic Reynolds, der Chef der Ermittlungsbehörde von Georgia auf einer Pressekonferenz. "An diesem Punkt hat der Beamte aus Atlanta ihn erreicht, seine Waffe aus dem Holster gezogen, sie entsichert, Herrn Brooks dort am Parkplatz getroffen, der dann niederfiel."

Protestierende blockieren in Atlanta einen Freeway.

© REUTERS/Elijah Nouvelage

Reynolds machte deutlich, dass alles sehr schnell gegangen sei. Die Behörde wollte das Videomaterial veröffentlichen. Reynolds sagte zu, das GBI werde rasch alle Fakten sammeln und diese der Staatsanwaltschaft übermitteln. Gouverneur Brian Kemp sprach ihm dafür sein Vertrauen aus. Parallel erklärte Staatsanwalt Paul Howard, seine Behörde habe bereits mit einer unabhängigen Untersuchung des Vorfalls begonnen.

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Reynolds warnte vor vorschnellen Schlüssen - und verwies auf die aufgeheizte Stimmung im Land. „Ich möchte nicht, dass irgendjemand unter irgendwelchen Umständen zu irgendeiner Form von Urteil eilt, was in diesen Fällen auf beiden Seiten sehr einfach ist“, sagte er.

Den Ermittlern sei bewusst, dass in solchen Fällen „enorme Gefühle“ mit im Spiel seien und dies durch die derzeitige Situation verstärkt werde. Die Staatsanwaltschaft müsse beurteilen, ob es gerechtfertigt gewesen sei, dass der Polizist geschossen habe.

Die Augen eines Demonstranten werden ausgewaschen, nachdem die Polizei Tränengas eingesetzt hat.

© Brynn Anderson/AP/dpa

Anwälte von Brooks Familie erklärten, die Polizei habe nicht das Recht gehabt, tödliche Waffen einzusetzen, selbst wenn Brooks den Elektroschocker, der eine nicht tödliche Waffe sei, in ihre Richtung abgefeuert hätte. "Man kann nicht auf jemanden schießen, es sei denn, er zielt mit einer Schusswaffe auf einen", sagte Anwalt Chris Stewart.

Der Bezirksstaatsanwalt ermittelt

Der Bezirksstaatsanwalt von Fulton County, Paul Howard, erklärte, seine Behörde habe bereits eine "intensive und unabhängige Untersuchung des Vorfalls aufgenommen", während man auf die Ergebnisse der Ermittlungsbehörde von Georgia warte.

Der Vorfall von Atlanta dürfte die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA anheizen, die durch die Tötung des 46-jährigen Floyd am 25. Mai in Minneapolis entfacht wurden. Floyd starb, nachdem ein weißer Polizist ihn minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Weltweit sind seither Menschen auf die Straße gegangen und haben gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert.

Am Samstag kam es unter anderem in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und in der Schweiz zu Protesten. Für diesen Sonntag hat in Berlin das Bündnis "Unteilbar" zu einer Demonstration aufgerufen. Eine neun Kilometer lange Menschenkette durch die Stadt soll ein Zeichen gegen Rassismus und für ein besseres Miteinander setzen. (AFP)

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