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Die Atomgespräche in einem Wiener Hotel.

© REUTERS

Political Animal: Teheran und die Stunde der Wahrheit

Es gibt noch einen gefährlichen Konflikt in der Nähe. Die Atomgespräche mit dem Iran in Wien sind ins Stocken geraten. Eine Analyse.

Überdeckt vom Konflikt zwischen Russland und dem Westen um die Ukraine findet ein weiterer statt – und der ist nicht minder groß. So groß, dass ihn Olaf Scholz ins einer ersten Rede als Bundeskanzler vor der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich herausgestellt hat: Der Kampf der Kräfte, aller diplomatischen, mit dem Mullah-Regime in Teheran um ein erneuertes Nuklearabkommen, das verhindert, dass der Iran Atomwaffen entwickelt.

„Wir sind in den Verhandlungen in Wien in den letzten zehn Monaten weit gekommen. Alle Elemente für einen Abschluss der Verhandlungen liegen auf dem Tisch. Wenn der Iran weiter allerdings Brennmaterial anreichert und gleichzeitig das IAEO-Monitoring aussetzt, dann ist das nicht akzeptabel. Eine iranische atomare Bewaffnung ist für uns nicht hinnehmbar, auch weil die Sicherheit Israels nicht verhandelbar ist.“ Das ist Wortlaut Scholz – und einerlei, ob monoton vorgetragen oder nicht, die Botschaft des Kanzlers ist völlig klar.

Nach zehn Monaten Verhandlung besteht jetzt die Chance auf eine Vereinbarung. Sie würde unter anderem ermöglichen, dass Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden können. „Die iranische Führung hat jetzt eine Wahl. Jetzt ist der Moment der Wahrheit.“ Sagt Scholz, auch hier in engem Schulterschluss mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der gerade eineinhalb Stunden mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi gesprochen hat.

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Deutschland, Frankreich und Großbritannien vermitteln gemeinsam mit Russland und China zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten. Dabei geht es darum, im Gegenzug für die Aufhebung von amerikanischen Wirtschaftssanktionen das iranische Atomprogramm (wieder) einzuschränken.

Da die Hoffnung schwindet, werden inzwischen aber von allen Beteiligten die Konsequenzen erwogen. Sie sähen wohl verschärfte Wirtschaftssanktionen vor, dazu die Bestrafung der Firmen und Länder, die weiter mit dem Iran Handel treiben. Selbst ein militärisches Vorgehen gegen Teheran wird wieder erwogen. Israel zumindest würde nicht tatenlos zusehen, sondern das Mullah-Regime mit Cyber- und Luftangriffen unter Druck setzen. Iranische Atomanlagen sind unter den Zielen, auch neue; eine unterirdische ist in Natanz ausgemacht worden. Die militärische Aufklärung ist weit fortgeschritten. Angriffe werden schon geübt.

Gegen Auflagen verstoßen

Der Iran verstößt unterdessen in starkem Maße gegen die Auflagen des Abkommens von 2015. So hat er Uran bis auf ein Niveau angereichert, das laut Experten nahe der Waffenfähigkeit ist. Außenminister Hossein Amirabdollahian, der auch auf der Sicherheitskonferenz in München war, erklärte allerdings, dem Iran sei es sehr ernst mit einem Abkommen, und er sei bereit, innerhalb kürzester Zeit eine Vereinbarung zu schließen.

Der Iran ist nach Amirabdollahians Worten zu einem sofortigen Gefangenenaustausch mit den USA bereit, als eine humanitäre Geste außerhalb der Verhandlungen. Auch die anderen Länder, vor allen Amerika, müssten nun ihren guten Willen zeigen. Der Ball liege bei ihnen, sagte der Minister. Auf die Frage, ob seine Regierung zu direkten Gesprächen mit der US-Regierung bereit sei, forderte Amirabdollahian „konkrete Schritte des guten Willens von Washington“. Er versteht darunter die Freigabe von eingefrorenem Auslandsvermögen. Das allerdings ist Teil des Konflikts.

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