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Angela Merkel, Bundeskanzlerin.

© REUTERS

Political Animal: Genossen für Merkel

Warum die SPD an dieser Kanzlerin festhalten muss. Und dafür einen wie Franz Müntefering braucht. Ein Kommentar.

Im Grunde genommen braucht die SPD jetzt einen Vorsitzenden wie Franz Müntefering. Der war nicht nur geradezu unbedingt auf die große Koalition geeicht, und zwar von Beginn an, seit Mitte der 2000er Jahre, sogar unter Inkaufnahme eines Zerwürfnisses mit Gerhard Schröder. Außerdem aber war er gläubig, als ehemaliger Oberministrant. So einer würde jetzt mit Autorität und Macht alles versuchen, seine Sozialdemokraten in der Koalition zu halten. Und beten, dass Angela Merkel nicht rauswill. Aus welchen Gründen auch immer. Es wird gerade genug übers Gesundheitliche spekuliert.
Ja, Merkel hat den Sozialdemokraten immer wieder schon auch wehgetan. Und zwar indem sie ihnen ein Thema nach dem anderen weggenommen hat, sobald das populär zu werden schien. Gleich wo, ob im Sozialen oder bei den Finanzen, ob in der Außen- oder der Umweltpolitik. Da machen sich die Genossen Kopf und Plan – und dann kommt Merkel.
Inzwischen wissen sie es aber und haben doch noch gelernt. Die Sozialdemokraten verraten nicht immer gleich, was sie wie vorhaben, siehe Grund- oder „Respekt“-Rente, sondern kommen damit plötzlich um die Ecke. Schnelle Reaktion ist nämlich Merkels Sache eher nicht.

Aneinander gewöhnt

Und weil man sich aneinander gewöhnt hat, weil Merkel in vielem auch eher sozialdemokatisch tickt, und weil keiner davon ausgehen kann, dass das bei Annegret Kramp-Karrenbauer, Armin Laschet oder Friedrich Merz auch nur annähernd ähnlich wäre, muss die SPD beten, dass diese Kanzlerin Kanzlerin bleibt. Zumal Merkel inzwischen sogar so weit geht, ziemlich revolutionäre Vorschläge mitzutragen. Wie den, dass ein Sozialdemokrat, der die Europawahl gar nicht gewonnen hat, Kommissionspräsident der EU wird. Das stelle man sich mal umgekehrt vor! Welcher echte Sozi würde das machen?

Vielleicht gerade noch Olaf Scholz, wenn er dafür den Präsidenten der Europäischen Zentralbank stellen dürfte. (Nur mal am Rande: Ist Jörg Asmussen, ehemaliger beamteter Staatssekretär im Finanz- und Arbeitsministerium, einer ihrer Star-Ökonomen, eigentlich noch in der SPD? Und verträgt er sich inzwischen mit Scholz?) Unabhängig davon braucht die SPD Merkel auch im Amt, weil ihre geschäftsführende Troika sonst so dermaßen unter Druck geriete, für Neuwahlen anstelle der Neuwahl einer Kanzlerin/eines Kanzlers einzutreten. Und es ist der Mehrheit an der sozialdemokratischen Basis inzwischen wohl auch völlig einerlei, ob das mit einem beispiellosen Bedeutungsverlust einherginge, nach dem Motto: Wieso, zwölf oder 13 Prozent sind doch auch schon ein ganz schönes Ergebnis! Dann wäre die SPD aber wirklich auf dem tiefen Grunde angekommen. Noch dazu wäre sie auf Jahre in der Opposition verhaftet, was an Herbert Wehner selig erinnert, der ihr mal zwölf Jahre vorhersagte. Und wieder an Franz Müntefering, der Wehner noch erlebt hat und mal knapp ansagte: Opposition ist Mist. Bleibt die Frage, ob die SPD das noch glaubt.

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