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Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, bei einem Wahlkampfauftritt.

© imago images/Rüdiger Wölk

Political Animal: Die unterschätzte Ministerin

Umweltpolitik hat in Deutschland einen Namen: Svenja Schulze. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Alle reden von der Umwelt, unheimlich (im Wortsinn!) viele reden jetzt vom Klimaschutz – aber keiner redet von der Umweltministerin. Svenja Schulze heißt sie, Sozialdemokratin ist sie, und sie genießt den Respekt der früheren Umweltministerin und amtierenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Man könnte das verdient nennen, wenn man wollte. Denn es ist beileibe nicht so, dass immer schon alle über Umweltschutz so geredet haben, wie sie es heute tun. Im Gegenteil, die Politikerin aus dem Industrieland Nordrhein-Westfalen, wo sie sieben Jahre Ministerin für Innovation, Forschung und Wissenschaft war, musste sich verdammt oft anhören, dass sie mit ihren Initiativen nerve, ob von CSU, CDU oder aus ihren eigenen Reihen. Es hat sie nicht verdrossen, nur immer mal wieder selber genervt. Vielleicht ist es ja das Signum dieses Ministeriums. Auch Merkel hat das erfahren. Ihr fuhr Kanzler Helmut Kohl gern auch mal über den Mund.

Eine Leistungsbilanz wie Schulze können aber nicht viele Minister:innen vorweisen. Nehmen wir Andreas Scheuer, Verkehrsminister von der CSU. Das einzige Positive, das er vorweisen kann: Über ihn wird immerhin noch gesprochen. Sprechen wir dafür mal beispielhaft über einen winzigen Ausschnitt dessen, was Schulze zu beackern hatte – das Klimaschutzprogramm 2030 und das Klima-Sofortprogramm 2022.

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Sehr viel Arbeit, gesetzgeberisch wie koalitionstechnisch. Denn zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele bedarf es umfassender Maßnahmen in allen Bereichen, in denen klimaschädliches CO2 entsteht.

Das Klimaschutzprogramm 2030, im „Klimakabinett“ zusammengestellt, im Herbst 2019 von der Bundesregierung beschlossen, beinhaltet ein ganzes Set an Maßnahmen: einen CO2- Preis für Wärme und Verkehr, den (verlässlichen) Ausbau erneuerbarer Energien, die Förderung energetischer Gebäudesanierungen, das Verbot neuer Ölheizungen, die Förderung von ÖPNV, Schiene und Elektromobilität, Investitionen in eine klimaschonende Industrieproduktion. Kurz: Ordnungsrecht, Preisanreize, Förderung. Mit rund 54 Milliarden Euro, die bis 2023 zusätzlich für Klimaschutz zur Verfügung gestellt werden, ist es das größte Investitionsprogramm für ökologische Modernisierung, das es je gab.

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Und mehr noch: Dieses Programm wird neben dem Corona-Konjunkturprogramm durch das Klima-Sofortprogramm 2022 ergänzt – mit kurzfristig wirksamen Maßnahmen und Fördergeld in Höhe von rund acht Milliarden Euro, um Grundlagen zum Erreichen der angehobenen Klimaschutzziele für 2030 zu schaffen. In Summe werden also mit drei Programmen knapp 100 Milliarden Euro für Klimaschutzinvestitionen zur Verfügung gestellt.

Wenn das nichts ist. Und das ist noch nicht alles. Umweltministerin Svenja Schulze, Jahrgang 1968, mit Geburtstag kurz nach der Wahl, kandidiert in Münster für den Bundestag. Vielleicht bekommt sie ja eine neue Chance, von sich Reden zu machen.

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