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Touristen fahren in einem Oldtimer durch die kubanische Hauptstadt Havanna.

© Ernesto Salazar/Zuma Wire/dpa

Pläne des neuen Präsidenten Diaz-Canel: Kuba setzt ganz auf den Tourismus

Kubas Präsident Diaz-Canel lässt gigantische Tourismusprojekte entwickeln. Damit festigt er auch die Machtstrukturen im Ein-Parteien-Staat.

Der kubanischen Tourismusindustrie kann der nächste Coup nicht groß genug sein: An der Westküste soll „die weltweit beste Golf- und Marinesportdestination“ entstehen, verspricht der katalanische Unternehmer Jaume Roma Rodríguez. Investitionsvolumen: umgerechnet rund eine Milliarde Euro, die unter anderem in drei Hotels und mehr als 1700 Bungalows und Apartments fließen sollen, berichtet die Parteizeitung „Granma“ begeistert.

Während in anderen lateinamerikanischen Staaten angesichts solcher Megaprojekte die Alarmglocken von Umweltschützern und NGOs klingeln würden, versprühen kubanische Staatsmedien Aufbruchsstimmung.

Am Ende soll das Projekt „Punta Colorada Cuba Golf Marina“" zahlungskräftige Touristen aus dem kapitalistischen Ausland anlocken. Die Anlage in der Nähe der Halbinsel Guanahacabibes gilt als das bislang größte mit internationalem Kapital finanzierte Objekt Kubas.

Für die Auftragsvergabe gilt „Kuba first“

Eine bemerkenswerte Entwicklung: Einst ließ Che Guevara auf Guanahacabibes ein Zwangsarbeitslager aufbauen in denen er Mitarbeiter der noch jungen Revolutionsregierung wegen Verstößen gegen „revolutionäre Moral“ schickte und umzuerziehen befahl, jetzt soll in der Nähe bald der kapitalistische Golfball fliegen.

Für die Auftragsvergabe gilt „Kuba first“: Sämtliche Arbeiten würden an kubanische Unternehmen vergeben, versprechen die Planer. Auch die Versorgung der zukünftigen Touristen soll durch kubanische Produkte sichergestellt werden. Für die Ausländer bleiben die Rollen der Kapitalgeber, Konsumenten und Golfspieler.

Das Projekt passt zum Kurs des neuen Präsidenten Miguel Diaz-Canel, der Anfang Juli den Tourismus als Lokomotive der Wirtschaft ausgerufen hatte. Diaz-Canel, die erste Nummer eins an der Spitze des Staates, die nicht aus der Dynastie Castro stammt, will den vorsichtigen Liberalisierungskurs der Wirtschaft vorantreiben. Gleichzeitig stärkt er damit die Machtstrukturen im Ein-Parteien-Staat: Die Strippenzieher hinter der kubanischen Tourismusindustrie sind überwiegend Generäle und Offiziere, die allesamt eng mit dem Regime verbandelt sind.

Sie alle profitieren von beeindruckenden Wachstumsraten: 2017 besuchten rund 620.000 US-Amerikaner die Insel, was einen Anstieg um 217 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Insgesamt kamen 2017 rund 4,25 Millionen Touristen nach Kuba, eine Steigerung um 19 Prozent. Schon jetzt hat sich die inländische Produktion ganz auf den Tourismus fokussiert, während für die kubanischen Durchschnittsbürger viele Waren unerschwinglich bleiben.

Verfassungsreform passt zum neuen Kurs

Zum neuen Kurs passt die Verfassungsreform, die Diaz-Canel anstrebt und in der marktsozialistische Elemente festgeschrieben werden sollen. Unter anderem soll es das Verfassungsrecht auf begrenzten Privatbesitz festgeschrieben werden. Es wird auf Kuba also künftig auch ganz offiziell Menschen geben, die mehr besitzen als andere.

Der neue Präsident Miguel Diaz-Canel spricht im Parlament.
Der neue Präsident Miguel Diaz-Canel spricht im Parlament.

© Yamil Lage/AFP

Das kubanische Parlament muss über die 224 Artikel der neuen Verfassung abstimmen. Die herrschende Kommunistische Partei hat die Reform bereits abgesegnet. Da im Parlament keine oppositionelle Kraft vertreten ist, ist zu erwarten, dass die Abgeordneten dem von Parteichef Raul Castro federführend entworfenen Konzept zustimmen. Auch in der neuen Verfassung bleiben der Opposition dagegen die demokratischen Grundrechte verwehrt.

Das Parlament begann am Samstag mit den Beratungen über das neue Grundgesetz. Neben der Legalisierung von Privatbesitz soll unter anderem den Weg für die gleichgeschlechtliche Ehe freigemacht machen. Das Ziel der Schaffung einer „kommunistischen Gesellschaft“ wird in der neuen Verfassung gestrichen, über die spätestens Montag abgestimmt werden soll.

Amt des Ministerpräsidenten wird wieder eingeführt

Der Sekretär des Staatsrats, Homero Acosta, sagte, das „kubanische sozialistische Modell“ bleibe im Prinzip erhalten mit der führenden Rolle der Kommunistischen Partei und der Staatswirtschaft, doch es bedürfe Veränderungen. Die Reform sieht auch vor, dass die Macht zwischen Präsident und Regierungschef aufgeteilt wird. Dafür wird das Amt eines Ministerpräsidenten wiedereingeführt, das 1976 gestrichen worden war.

Die Amtszeit des Präsidenten wird auf maximal zweimal fünf Jahre begrenzt, Kandidaten dürfen nicht älter als 60 Jahre sein. Sowohl Fidel als auch Raul Castro waren beide älter als 80, als sie die Macht abgaben. (mit AFP)

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