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Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei einer Pressekonferenz.

© picture alliance/dpa

Pistorius kritisiert milde Strafen bei Tötung nach Trennung: „Es ist schlicht und ergreifend Mord“

In der Debatte um Hass und Gewalt gegen Frauen verlangen immer mehr Politiker Reformen. Auch eine Änderung des Strafgesetzbuches ist im Gespräch.

In der Debatte um Hass und Gewalt gegen Frauen werden die Rufe nach Reformen lauter. Nun fordert auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) eine umfassende Debatte. „Ich finde es erschreckend, dass immer wieder von ,Beziehungsdrama‘ oder ‚Familientragödie‘ die Rede ist. Dabei ist es schlicht und ergreifend Mord, wenn ein Mann seine Frau umbringt, weil sie ihn verlassen will“, sagte Pistorius dem Tagesspiegel. Es sei aus seiner Sicht nicht plausibel, dass der Bundesgerichtshof niedrige Beweggründe als Mordmerkmal ausschließe, wenn die Trennung von dem meist weiblichen Opfer ausgegangen sei.  

Schon länger kritisieren das etwa der Deutsche Juristinnenbund und die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring. „Wenn sich eine Frau von ihrem Mann getrennt hat und der sie umbringt, weil er sich um sein Eigentum gebracht fühlt, darf das im Strafverfahren kein mildernder Umstand sein“, sagte Möhring dem Tagesspiegel.

„Stärker in den Fokus rücken“

Der Juristinnenbund fordert außerdem, den Paragrafen 46 des Strafgesetzbuchs zu ändern. Hier ist geregelt, welche Faktoren bei der Zumessung einer Strafe eine Rolle spielen. Das Merkmal der „geschlechtsspezifischen Beweggründe“ solle zusätzlich zu rassistischen und menschenverachtenden Beweggründen aufgenommen werden, sagt der Juristinnenbund. Diese Ergänzung sei notwendig, um Taten, die sich explizit wegen ihres Geschlechts gegen Frauen richten, „stärker in den Fokus von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz zu rücken“. Auch Niedersachsens Innenminister Pistorius ist dafür, dass in Paragraf 46 frauenfeindliche Beweggründe explizit genannt werden als strafverschärfende Umstände. 

[Was hilft gegen Hass und Gewalt gegen Frauen? Alle Hintergründe lesen Sie in unserem Report „Wenn Frauen zur Zielscheibe werden“ bei Tagesspiegel Plus.]

Zudem gibt es eine Debatte darum, wie frauenfeindliche Taten künftig statistisch besser erfasst werden können. Jüngst hatte sich die Digitalstaatsministerin der Bundesregierung, Dorothee Bär (CSU) für eine gezielte Erfassung frauenfeindlicher Straftaten in der Kriminalstatistik ausgesprochen. Innenexpertinnen und Experten halten das aber für schwierig, weil in der Kriminalstatistik bislang gar keine Motivationen erfasst werden.

„Das kann doch nicht sein“

Die Grünen fordern, dass in die Statistiken zur politisch motivierten Kriminalität im Bereich der Hasskriminalität ein neues Themenfeld hinzugefügt wird. Dann könnten neben beispielsweise rassistischen, antisemitischen oder islamfeindlichen Straftaten auch durch Frauenhass motivierte Taten gesondert ausgewiesen werden. Dass bislang kaum Daten zu frauenfeindlichen Taten vorliegen, hält die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, für inakzeptabel. .„Da wird eine ganze Bevölkerungsgruppe regelmäßig Opfer von schweren Straftaten und wir erfassen das nicht richtig – das kann doch nicht sein“, sagte sie dem Tagesspiegel.

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