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Noch kurz auf Twitter gepostet? FDP-Finanzminister Christian Lindner in Athen.

© IMAGO/photothek

Per Twitter die Republik auf den Kopf gestellt: Lindners Überstunden-Appell ist in mehrfacher Hinsicht ein Missgriff

Der Finanzminister erklärt auf dem Kurznachrichtendienst, was er jetzt von den Bürgern erwartet. Die Reaktionen sind deutlich – und verheerend. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Klein reingehen, groß rauskommen – so ungefähr mutet an, wie Finanzminister Christian Lindner die Bevölkerung auf harte, ach was, härteste Zeiten einstimmen will. Auf Twitter schreibt er, dass die Menschen, wir alle, mehr arbeiten müssten. Was heißt: angesichts der aktuellen Krise(n) mehr Überstunden.

Natürlich hat das was damit zu tun, dass Lindner keine Steuererhöhungen will, auf Gedeih und Verderb nicht. Wenn er das zusätzlich zu den vielen neuen Schulden auch noch machte – dann gute Nacht, FDP, fürchtet der Parteivorsitzende wohl.

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Aber wenn Lindner – übrigens der grüne Konkurrent Robert Habeck als Bundeswirtschaftsminister ja auch – die Deutschen so richtig auf eine lange entbehrungsreiche Phase einschwören will, dann nicht über Twitter. Jedenfalls nicht allein. Dafür braucht es schon noch was anderes, am besten im Forum der Öffentlichkeit. Der Bundestag ist doch nicht so eine Art offizielle Geheimveranstaltung der Republik.

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Aber klar, den Widerspruch zu seinen Vorstellungen kann man im Kurznachrichtendienst erst einmal leichter wegdrücken. Auf Dauer nicht. Der Finanzminister weiß sicher auch, dass viele Deutsche auf vielen Gebieten ohnehin schon viele Überstunden leisten. Dass Überstunden nicht einfach staatlicherseits angeordnet werden können. Und dass die den Arbeitskräftemangel nicht ausgleichen.

Wenn überhaupt, dann geht das bei Überstunden nur im Einvernehmen, also wenn die Arbeitnehmer und der Arbeitgeber übereinkommen, dass sie das Ganze gemeinsam stemmen müssen, um es durch die Krise zu schaffen. Wobei das nicht das einzige Rezept sein kann, aber das ist auch logisch.

Menetekel an der Wand

Drei, vier, fünf Jahre der Knappheit malt Lindner als Menetekel an die Wand. Das ist schon mal eine ziemliche Ansage. Wird es dann aber noch harscher, werden die Menschen trotzdem nicht loslegen wie die Feuerwehr. Vielmehr wird ihnen Angst und Bange werden. Vertrauen in die Politik wächst so bestimmt nicht.

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Die SPD hat das aber schon auf dem Schirm. Sie lässt ihn ziemlich abtropfen, den kleinen Koalitionspartner. Aus ihrer Sicht ist das keine Diskussion wert. Sagt der Arbeitsminister nicht selbst, sondern richtet ein Sprecher aus. Klatsch, eine Ohrfeige.

Vielleicht stattdessen aber doch mal über eins reden, und lass es von der Linken kommen: die 70 Milliarden Euro Dividenden, die in Deutschland gezahlt werden. In diesen Zeiten. Gut, daran erinnert zu werden. Das wirkt im Kontrast seltsam, oder? Womöglich ließe sich hier doch was für den klammen Staat machen, das allen hilft. So was zusammenzubringen, würde das Finanzministerium bestimmt Überstunden kosten.

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