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Wolfgang Schäuble (CDU), Bundestagspräsident

© dpa/Michael Kappeler

Parteifinanzen und Transparenz: Ein Wolfgang Schäuble braucht keinen Kontrolleur

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Informationsfreiheit einen Tiefschlag versetzt und die Parlamentsverwaltung abgeschirmt - mit Folgen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble lächelt sein stets schwer zu enträtselndes Lächeln, als der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Ulrich Kelber ihm vergangenen Mittwoch seinen neuen Tätigkeitsbericht überreicht. Schäuble, muss man wissen, ist kein Freund der Informationsfreiheit. Denn das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), mit dem sich Bürgerinnen und Bürger Zugang zu Behördenakten einschließlich denen der Regierung verschaffen kann, nervt. Niemand lässt sein Tun gerne kontrollieren. Schon gar nicht, wenn er Schäuble heißt.

Wer kontrolliert die Kontrolleure?

Trotzdem wird man im Hause Schäuble an jenem Mittwoch gefeiert haben. Denn parallel zur Berichtsübergabe hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine IFG-Klage des Internetportals abgeordnetenwatch.de gegen Schäubles Parlamentsverwaltung abgewiesen (Az.: BVerwG 10 C 16.19). Die Kläger wollten an interne Dokumente über Spenden und die Rechenschaftsberichte der Parteien kommen, deren oberster Hüter Schäuble ist. Ein redlicher Vorstoß: Die Bundestagsverwaltung kontrolliert die Parteifinanzen. Aber wer kontrolliert die Kontrolleure? Wer vollzieht nach, wie Verstöße bewertet werden?

Das Verfahren wäre eigentlich eine klare Sache gewesen. In zwei Instanzen hatten die Kläger gewonnen, ausdrücklich unter Bezug auf die bisherige Rechtsprechung des höchsten Verwaltungsgerichts. Doch dort hat mittlerweile die Zuständigkeit gewechselt. Für Informationsansprüche liegt diese nunmehr beim Zehnten Senat von Gerichtspräsident Klaus Rennert. Der ist, wie Schäuble, bisher nicht als Freund von Verwaltungstransparenz aufgefallen. Auch Kameras im eigenen Gericht findet er unschön. Alte Juristen-Schule: Recht als Kampf ums Wort, nicht um Bilder.

Dem Gesetz wäre der schärfste Zahn gezogen

Man wird sich die Entscheidung von Rennert und seinem Senat näher besehen müssen, doch das eher überraschende Ergebnis lässt erahnen, dass IFG-Verfahren in Leipzig künftig an eine schwierige Station geraten. Denn nach Ansicht der Richter soll das Parteiengesetz selbst eine Art IFG sein mit einem „geschlossenen Regelungskonzept zur Veröffentlichung von Informationen“ . Gut möglich, dass Rennerts Senat in Zukunft häufiger solche oder ähnliche Konzepte entdeckt – mit der Folge, dass sie jedes Mal Transparenzansprüche nach dem IFG aushebeln.

Dem IFG wäre damit sein schärfster Zahn gezogen. Die Leistung dieses Gesetzes besteht bisher darin, die Arbeit in nahezu sämtlichen Verwaltungsbereichen vor die Frage zu stellen, warum sie eigentlich nicht öffentlich einsehbar sein sollte. In Sachen Parteifinanzierung hat sich diese Frage mit dem Urteil erledigt. Öffentlichkeit gibt es nur, soweit das Parteiengesetz sie ausnahmsweise gewährt. Schäuble bleibt der Boss – ohne Kontrolleur. Vielleicht lächelt er deshalb.

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