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Die Wahlbeteiligung lag bei nur 54,6 Prozent.

© Ints Kalnins/Reuters

Parlamentswahl: Prorussische Partei siegt in Lettland

Die prorussische Partei „Harmonie“ bekam bei den Wahlen in Lettland 19,9 Prozent - wird aber vermutlich nicht in die Regierung kommen.

Nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen haben in Lettland die prorussischen Kräfte die absolute Mehrheit nur um einen Sitz verpasst. Wahlsiegerin wurde die russlandfreundliche Partei „Harmonie“. Sie sichert sich mit 19,9 Prozent der Stimmen 24 von 100 Abgeordneten. Mitregieren wird die Partei aber vermutlich nicht.

Aus dem Stand auf den zweiten Platz kam mit 14,1 Prozent (15 Sitze) die populistische Newcomer-Partei „Wem gehört der Staat?“ (KPV) des Schauspielers Artuss Kaimins, der von vielen als „lettischer Donald Trump“ bezeichnet wird. Das 38 Jahre alte Enfant terrible der lettischen Politik hatte eine Koalition mit „Harmonie“ nicht ausgeschlossen. Auf regionaler Ebene mit den Russlandfreunden koalieren bereits die bisher mitregierenden „Grünen und Bauern“ (ZZS), die am Samstag allerdings die Hälfte ihrer Wählerstimmen verloren und auf zehn Prozent (11 Sitze) absackten.

Gleich hinter den Russlandfreunden und Populisten platzierten sich jedoch zwei EU-freundliche neue Rechtsparteien, die beide wesentlich besser abschnitten als erwartet. Die „Neuen Konservativen“ kamen auf 13,6 Prozent (16 Sitze), die liberale Bewegung „Für den Fortschritt / Dafür!“ auf zwölf Prozent (13 Sitze). Gut schlug sich mit elf Prozent (13 Sitze) auch die „Nationale Allianz“. Mit der „Neuen Union“ konnte schließlich auch das vor zwei Jahren zerfallene konservative Regierungslager überraschend die Fünfprozenthürde überspringen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 54,6 Prozent.

Premier Kucinskis strebt Neuauflage der Koalition an

Premierminister Maris Kucinskis („Grüne und Bauern“) kündigte in der Nacht zum Sonntag an, trotz der Niederlage seiner Partei nun doch eine Neuauflage der bisherigen konservativen Regierungskoalition anzustreben. Damit scheint ein prorussischer Regierungschef abgewendet.

Vor den Wahlen sah es aufgrund der Umfragen so aus, als stünde der Nato-Staat Lettland kurz davor, als erste Baltenrepublik nach dem Zerfall der Sowjetunion künftig von einer prorussischen Partei bestimmt zu werden. Dass dies ausgerechnet im Baltikum möglich ist, das fast 50 Jahre unter der sowjetischen Besatzung gelitten hat, hat viel mit den Eigenheiten Lettlands zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es dort auf Stalins Geheiß zu einem Bevölkerungsaustausch.

Eine Regierung konnte „Harmonie“ jedoch noch nie bilden. Im Wahlkampf hatte „Harmonie“ ihre prorussische Rhetorik zurückgenommen und mit Vjaceslavs Dombrovskis einen ehemaligen lettischen Parteipolitiker der Mitte als Kandidat für das Premieramt gewonnen. Dieser gab sich im Wahlkampf als EU-freundlicher Sozialdemokrat. Das verhalf der Partei zwar erneut zum Wahlsieg, doch eine Regierungsbeteiligung sichert es ihr nun erneut nicht.

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