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Ajatollah Ali Khamenei hat sein Ziel erreicht.

© Khamenei.ir/AFP

Parlamentswahl in Iran: Sieg der Erzkonservativen und Debakel für die Reformer

Gefolgsleute von Ajatollah Khamenei liegen klar vorn. Niedrigste Wahlbeteiligung seit der islamischen Revolution 1979.

Ein Erdrutschsieg der Hardliner und die niedrigste Wahlbeteiligung seit der Revolution von 1979 sind die wichtigsten Resultate der Parlamentswahl im Iran vom Freitag.

Obwohl das Parlament in der Außenpolitik des Iran an sich keine große Rolle spielt, wird beides spürbare Folgen für das künftige Verhältnis zwischen der Islamischen Republik und der Außenwelt haben. Der Iran dürfte unberechenbarer werden – und die Lage in der Region gefährlicher.

Die Hardliner könnten mit dem ehemaligen Revolutionsgardisten und Ex-Bürgermeister von Teheran, Mohammed Bagher Ghalibaf, den neuen Parlamentspräsidenten stellen. Die Reformer erlebten ein Debakel. Bei der letzten Wahl 2016 hatten sie alle 30 Parlamentssitze in Teheran erobert – diesmal konnten sie nach einigen Berichten kein einziges dieser Mandate verteidigen.

Da der konservative Wächterrat viele Reformer von einer Parlamentskandidatur ausgeschlossen hatte, war der klare Sieg der Hardliner zu erwarten. Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei, der als starker Mann im Land den Wächterrat kontrolliert, hat bekommen, was er wollte.

Der reformorientierte Amtsinhaber Hassan Ruhani ist gescheitert

Nun werden seine Gefolgsleute für die Vollendung der Machtübernahme bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr warmlaufen. Der reformorientierte Amtsinhaber Hassan Ruhani ist gescheitert. Er wird in seinem letzten Jahr im Präsidentenamt zur lahmen Ente.

Seine Regierung hatte auf einen Wirtschaftsaufschwung gesetzt, weil das von ihr unterzeichnete Atomabkommen von 2015 vorsah, dass die westlichen Sanktionen abgebaut werden. Doch der Aufschwung blieb aus, unter anderem weil US-Präsident Donald Trump sich aus dem Abkommen verabschiedete und neue Sanktionen gegen den Iran verhängte. Stattdessen wird die Wirtschaftskrise schlimmer.

Trump wurde so zum Wahlkampfhelfer der iranischen Hardliner, die den Atomvertrag und Ruhanis Öffnungspolitik nie mochten. Das Wahlergebnis markiert damit das endgültige Aus für die internationalen Bemühungen, den Iran durch das Versprechen wirtschaftlicher Vorteile zu einer gemäßigteren Politik zu bewegen.

Viele Wähler waren nicht nur von Ruhanis Scheitern in der Wirtschaftspolitik enttäuscht, sondern auch frustriert davon, dass Korruption, Misswirtschaft und Repression in ihrem Land schlimmer werden. Deshalb blieben viele am Wahltag zu Hause.

Das Innenministerium gab die Wahlbeteiligung am Sonntag mit 42,6 Prozent an, das waren selbst nach diesem offiziellen Eingeständnis fast 20 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2016; nach Angaben von Oppositionsgruppen lag die Beteiligung in Wirklichkeit noch weit darunter.

Ohrfeige für den Revolutionsführer

Khamenei hatte auf eine hohe Beteiligung gehofft, weil er diese als Vertrauensbeweis für das System verkaufen wollte. Er hatte die Stimmabgabe sogar zur religiösen Pflicht erklärt – der Wahlboykott vieler Iraner ist deshalb auch eine Ohrfeige für den Revolutionsführer.

So wird sich die Krise Irans verschärfen, weil sich immer mehr Menschen vom System abwenden und das Regime unter Khamenei verstärkt auf Repression setzen dürfte. Die brutale Niederschlagung der Benzinpreis-Proteste 2019 und der Versuch, die Schuld der Revolutionsgarde am Abschuss der ukrainischen Verkehrsmaschine im Januar zu vertuschen, haben die Richtung angezeigt.

Die Iraner werden wieder auf die Straße gehen, weil auch die Hardliner mit ihrer Mehrheit im Parlament nichts gegen die Wirtschaftskrise ausrichten können.

Dieser Trend dürfte die Iran-Gegner in der US-Regierung in ihrem Glauben bestärken, dass ein Regimewechsel in Teheran möglich wird, wenn der Druck auf Teheran nur hoch genug ist. Neue Sanktionen aus Washington sind absehbar, die Chancen für die Europäer, das Atomabkommen von 2015 zu retten, sinken weiter.

Die iranische Reaktion darauf wird künftig heftiger ausfallen. Damit droht im Nahen Osten genau jene Eskalation, die vor fünf Jahren durch den Atomvertrag verhindern werden sollte.

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