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Menschen im libanesischen Batroun feiern das Wahlergebnis ihres Kandidaten.

© AFP/IBRAHIM CHALHOUB

Update

Parlamentswahl im Libanon: Hisbollah-Lager wird stärkste Kraft

Die USA stufen die Hisbollah als Terrorgruppe ein. Nun liegen die Miliz und ihre Verbündeten bei der Wahl im Libanon klar vorne.

Bei der ersten Parlamentswahl in Libanon seit neun Jahren ist die schiitische Hisbollah nach offiziellen Ergebnissen klar stärkste Kraft geworden - Ministerpräsident Saad Hariri musste dagegen deutliche Verluste einstecken. Das Lager um die von Iran unterstützte und unter anderem von den USA als Terrorgruppe eingestufte Schiiten-Organisation und mit ihnen verbündete Gruppen wie die christliche Freie Patriotische Bewegung errangen 65 der 128 Sitze. Dabei bleibt die Mandatszahl der Hisbollah fast unverändert, ihre Bündnispartner legen aber zu.

„Wir können sagen, dass das, was wir anstrebten, erreicht wurde“, sagte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Das Ergebnis sei eine Garantie für die Stabilität des Landes. Er sprach am Montag von einem "politischen und moralischen Sieg" für die einst als Widerstandsbewegung gegen Israel gegründete Gruppe.

Gleichzeitig erreichte Premier Hariris Bündnis bei der ersten Wahl zum Abgeordnetenhaus seit neun Jahren nur 21 Mandate. Das ist etwa ein Drittel weniger als die 33 Sitze seiner Koalition 2009. „Wir hatten gehofft, ein besseres Resultat und einen größeren Block zu erzielen“, sagte Hariri am Montag in Beirut.

Er kündigte an, mit allen Parteien zusammenarbeiten zu wollen, um die politische Stabilität im Land zu erhalten. Da der Regierungschef im Libanon ein Sunnit sein muss, scheint Hariri aber trotz des schlechten Ergebnisses ein Kandidat, um eine neue Regierung zu bilden.

Der Libanon gilt wegen seiner vielfältigen Bevölkerungsstruktur als instabil

Die Hisbollah unterstützt im Krieg die Regierung von Präsident Baschar al-Assad und ist gestärkt aus dem Konflikt hervorgegangen. Zu ihren politischen Verbündeten gehört die christliche Freie Patriotische Bewegung von Präsident Michel Aoun.

In einer ersten Reaktion erklärte der israelische Bildungsminister Naftali Bennett, sein Land werde nicht zwischen der Hisbollah und dem Staat Libanon unterscheiden. "Hisbollah = Libanon", schrieb er auf Twitter.

Der Libanon gilt wegen seiner Mischung von Volksgruppen und Religionen, der Einflussnahme ausländischer Staaten und der großen Zahl von Flüchtlingen im Land als instabil. Die obersten Ämter sind an bestimmte Religionszugehörigkeiten gebunden: Der Präsident muss maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Die 128 Sitze im Parlament sind ebenfalls auf die religiösen Gemeinschaften aufgeteilt.

Es wurde bereits vorher angenommen, dass die vom Iran unterstützte Hisbollah in den meisten Wahlbezirken, in denen sie Kandidaten aufstellt, gewinnen würde. Die Macht der Miliz und der damit einhergehende Einfluss Teherans auf die Region hatte in der Vergangenheit zu starken Spannungen mit der Regionalmacht Saudi-Arabien geführt, die jeglichen Einfluss seines Erzrivalen Iran in der Region zurückdrängen will. Dieser wird nach dem Wahlsieg der Hisbollah nun noch größer. Hariri hat enge Beziehungen nach Riad.

Der Libanon hat rund 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen

Teheran vermied es am Montag, zu große Euphorie angesichts des Wahlausgangs zu zeigen. „Ungeachtet der politischen oder religiösen Überzeugungen, sind die Wahlergebnisse ein epischer Sieg für die Regierung und das gesamte Volk Libanons“, sagte Irans Außenamtssprecher Bahram Ghassemi.

Die Abstimmung fand zudem unter dem Einfluss des Krieges im Nachbarland Syrien statt. Der Libanon hat rund 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen - bei 6,2 Millionen Einwohnern. Die soziale und wirtschaftliche Lage in dem Mittelmeerstaat ist dadurch stark beeinflusst. Angesichts der politischen Krisen hatte das Parlament sein 2013 abgelaufenes Mandat mehrfach eigenständig verlängert.

Größere politische Veränderungen wurden von der Wahl nicht erwartet. Allerdings könnten die zügige Bildung einer neuen Regierung und anschließende Reformen für neue Investitionen im Land sorgen und damit die Wirtschaft stabilisieren. (Reuters, dpa)

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