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Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich ein Mitspracherecht im östlichen Mittelmeer verschaffen.

© Denis Balibouse/REUTERS

Update

Parlament erlaubt Militärintervention: Erdogan kann Truppen nach Libyen schicken – ihm geht es um Erdgasfelder

Das türkische Parlament ebnet den Weg zur Truppenentsendung nach Libyen. Dabei geht es im Kern nicht um den Konflikt in Afrika, sondern Gasvorkommen im Meer.

Das türkische Parlament hat grünes Licht für eine mögliche Militärintervention in Libyen gegeben. Präsident Recep Tayyip Erdogan erhielt am Donnerstag für ein Jahr die Erlaubnis, Truppen in das Bürgerkriegsland zu schicken. Präsident Recep Tayyip Erdogan will damit die international anerkannte Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis stützen. Die liefert sich einen Machtkampf mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar.

Vor der Abstimmung hatte die türkische Regierung die geplante Entsendung als selbstlose Hilfsaktion für das nordafrikanische Land verkauft. Ankara könne die Augen vor dem Unrecht in Libyen nicht verschließen und sei „zu allen Aufgaben bereit“, sagte Verteidigungsminister Hulusi Akar vor der Parlamentsabstimmung über den Auslandseinsatz.

Erdogan ist nun berechtigt, über „Grenze, Ausmaß, Menge und den Zeitpunkt“ der Entsendung zu entscheiden, „um militärische Operationen und Interventionen durchzuführen, falls nötig“. Wann Erdogan die Erlaubnis in Anspruch nehmen wird, war zunächst unklar.

Doch im Kern geht es der Türkei nicht um den Konflikt in Libyen. Die Regierung will vor allem ihre Position im Streit um Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer stärken.

Die Truppenentsendung zur Unterstützung der Einheitsregierung in Libyen gegen den Rebellengeneral Haftar könnte nach der Parlamentsentscheidung schon in den kommenden Tagen beginnen. Türkischen Presseberichten zufolge stehen Spezialeinheiten der Armee schon bereit. Aus türkischer Sicht drängt die Zeit: Haftars Truppen hatten in jüngster Zeit dank Unterstützung aus Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten vorrücken können.

Außerdem denkt Präsident Erdogan darüber nach, syrische Kämpfer als Speerspitze des Einsatzes zu benutzen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, die ersten 300 syrischen Kämpfer seien bereits aus türkisch beherrschten Gegenden im Norden Syriens nach Libyen gebracht worden, weitere 1600 würden derzeit ausgebildet. Die Regierungen in Ankara und Tripoli wiesen den Bericht zurück.

Die drohende Eskalation des Konflikts in Libyen ist Folge einer türkischen Richtungsentscheidung, bei der die Konfrontation in dem nordafrikanischen Land nur eine Nebenrolle spielt. Ankara will sich ein Mitspracherecht im östlichen Mittelmeer verschaffen, wo Griechenland, Zypern, Israel und Ägypten die Türkei von der Ausbeutung von Erdgasfeldern unter dem Meeresboden ausschließen. Ein Abkommen zwischen der Türkei und der Einheitsregierung in Libyen vom November erklärt große Teile der Gewässer in der Gegend ohne Rücksicht auf Ansprüche von Griechenland und Zypern zu türkischen Hoheitsgebieten.

Türkei macht Druck auf Nachbarn

Mit dem Abkommen und der Truppenentsendung will Ankara Druck auf die Nachbarstaaten machen. Der in Schweden lebende Türkei-Experte Halil Karaveli sagte, die Türkei wolle das Überleben der libyschen Einheitsregierung sicherstellen, um sich einen Hebel im Streit um das Gas zu beschaffen. Die Strategie ist umstritten. Regierungsgegner stellen die Frage, was die Türkei in Libyen zu schaffen habe. „Wir wollen nicht, dass das Blut unserer Soldaten in der arabischen Wüste vergossen wird“, sagt Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu.

Außenpolitisch riskiert die Türkei, weiter in die Isolation zu geraten. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Nachbarn bereit sein könnten, mit Ankara über eine Aufteilung der Gasfelder zu sprechen. Mit ihrem Vorhaben fährt die Türkei zudem der deutschen Regierung in die Parade, die Ende des Monats eine Friedenskonferenz für Libyen plant. Krach droht auch mit Russland: Moskau unterstützt Rebellengeneral Haftar mit Söldnern. Kremlchef Wladimir Putin wird am Mittwoch zu Gesprächen mit Erdogan in der Türkei erwartet. (mit dpa)

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