zum Hauptinhalt
Schwieriger Typ. In der Amtszeit von Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) häuften sich Pannen und Skandale. Nun musste er gehen

© Robert Michael/picture alliance/dpa

Update

Pannen, Affären, Postenschacher: Kretschmer entlässt Innenminister Wöller – und benennt Schuster als Nachfolger

Minister Wöller versorgte Vertraute mit hohen Posten und saß Skandale bei den Sicherheitsbehörden aus. Jetzt hatte Regierungschef Kretschmer genug.

Von Frank Jansen

Er war nicht länger zu halten. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) verliert nach viereinhalb Jahren im Amt seinen Posten, am Freitag hat ihn Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) entlassen. Kretschmer hob Verdienste Wöllers hervor, sagte aber auch, zuletzt sei „nur noch über vermeintliche oder tatsächliche Skandale“ geredet worden. Damit endet zumindest vorerst die Karriere eines umstrittenen Politikers.

Wöller war zuvor von 2007 bis 2008 sächsischer Umweltminister und dann bis 2012 Kultusminister. Im Dezember 2017 übernahm er das Innenministerium des Freistaats.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Kretschmer hielt nun seinen Parteifreund angesichts diverser Pannen, Affären und Merkwürdigkeiten für nicht mehr tragbar. Nachfolger Wöllers wird der aus Baden-Württemberg stammende Christdemokrat Armin Schuster, ein Sicherheitsfachmann mit viel Erfahrung. Schuster leitete seit November 2020 das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, zuvor war der einstige Bundespolizist lange Innenexperte der Bundestagsfraktion von CDU und CSU.

Wöller wackelte schon seit Jahren. Die Kritik an ihm wurde nun aber so laut, dass Kretschmer seinen Vertrauten fallen ließ. Zuletzt ging es vor allem um den Vorwurf der Vetternwirtschaft, den die Opposition im Landtag wie auch die Polizeigewerkschaften in Sachsen erheben. Im April machte der Minister seinen früheren Referenten Florian Oest zum Sprecher des sächsischen Polizei. Die Qualifikation des 34-jährigen Oest, die „Stabsstelle Kommunikation“ zu leiten, ist zweifelhaft. Oest musste offenbar versorgt werden, nachdem er als Kandidat bei der Bundestagswahl 2021 in Görlitz gegen AfD-Chef Tino Chrupalla verloren hatte.

Studienfreundin der Ehefrau wurde Kanzlerin der Polizeihochschule

Unmut erregte auch Wöllers Manöver vom März, Manja Hußner, einst Studienfreundin seiner Ehefrau, als kommissarische Kanzlerin der Hochschule der sächsischen Polizei in Rothenburg (Oberlausitz) einzusetzen. Zuvor war das Anforderungsprofil für die Stelle gesenkt worden, Hußner hätte sonst keine Chance gehabt. Gleichzeitig wurde die Bezahlung erhöht. Angesichts der Fälle Hußner und Oest forderten Sachsens Polizeigewerkschaften den Rücktritt des Ministers.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wöller geschadet haben auch die Affären um eine Elitetruppe der sächsischen Polizei. Beamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) Dresden nahmen 2018 ohne Erlaubnis an einem Training auf einem privaten Schießplatz in Güstrow (Mecklenburg) teil. Die Polizisten brachten als „Bezahlung“ 7000 Schuss Munition mit und verballerten weitere 7500 Schuss aus dem Bestand der sächsischen Polizei. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat inzwischen drei Beamte angeklagt. Das MEK wurde aufgelöst, Wöller setzte eine Untersuchungskommission ein. So kam jetzt auch heraus, dass das MEK Dresden einen Skiurlaub in einem Vier-Sterne-Hotel in den Alpen als „Fortbildungsreise“ deklariert hatte.

Polizist bei Aufnahmeritual angeschossen

Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt zudem gegen 24 Beamte des MEK Leipzig sowie eine Polizeiärztin wegen eines brachialen Aufnahmerituals für zwei neue Mitglieder des Kommandos. Beim Ritual wurde Übungsmunition verschossen, ein Novize erlitt Verletzungen.

Schlimmere Folgen hatte allerdings das Versagen von Polizei und Verfassungsschutz im Fall eines islamistischen Gefährders. Der Syrer Abdullah A. H. H. erstach im Oktober 2020 kurz nach Entlassung aus der Haft in Dresden einen schwulen Touristen und verletzte dessen Lebenspartner. Polizei und Verfassungsschutz hatten in einem „Wirkverbund“ den als gefährlich geltenden Islamisten überwachen wollen. Es blieb aber bei einer „technischen Observation“ des Verfassungsschutzes am Wohnort des Syrers. Dass der Mann Messer kaufte, entging den Behörden. Ein Grund für die mangelnde Professionalität dürfte der von Wöller im Juni 2020 erzwungene Abgang von Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath gewesen sein. Der im Nachrichtendienst bundesweit geachtete Meyer-Plath hatte mehrmals gewagt, Wöller zu widersprechen.

Der Minister drängte den Verfassungsschützer mit konstruierten Vorwürfen aus dem Amt. Wöller warf dem Nachrichtendienst vor, unrechtmäßig Daten zu Landtagsabgeordneten der AfD gesammelt zu haben. Sachsens Datenschutzbeauftragter Andreas Schurig kam jedoch im Oktober 2020 nach längerer Prüfung zu dem Ergebnis, das Vorgehen des Landesamtes für Verfassungsschutz habe „grundsätzlich mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Beobachtung von Abgeordneten“ im Einklang gestanden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false