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Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) muss mit harten Fragen rechnen.

© Michael Kappeler/dpa

Opposition attackiert Scheuer im Maut-Skandal: "Sie sind für solche Aufgaben nicht geeignet"

Im Maut-Skandal berät der Bundestag über einen U-Ausschuss. Die Opposition attackiert Verkehrsminister Andreas Scheuer scharf.

Für Stephan Kühn ist der Fall klar. „Wer immer noch von einer böswilligen Kampagne der Opposition spricht, hat den Schuss nicht gehört“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion am Donnerstag. „Ein Minister mit Anstand wäre schon längst zurückgetreten.“ Auch der Linken-Verkehrsexperte Jörg Cezanne sagte, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) „müsste eigentlich jetzt schon zurücktreten oder die Kanzlerin müsste ihm sagen: Sie sind für eine solche Aufgabe nicht geeignet“.

Am Freitag im Bundestag, als die Forderung nach einem Maut-Untersuchungsausschuss beraten wurde, attackierte die Opposition den Verkehrsminister erneut. Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sagte, der geplante Untersuchungsausschuss werde für Scheuer „äußerst unangenehm“. Scheuer habe mit den vorgesehenen Maut-Betreibern noch vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einen Vertrag zulasten der Steuerzahler abgeschlossen.

Der Minister selbst griff nicht in die Debatte ein. Redner der CSU wie auch der SPD warnten die Opposition vor Vorverurteilungen.

Scheuer ist in der Defensive, weil er die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Maut am 18. Juni 2019 für rechtswidrig. Direkt nach dem Urteil kündigte das Verkehrsministerium die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren. Luksic sagte, er erwarte, dass das Maut-Debakel die Steuerzahler mehr als 500 Millionen Euro kosten werde.

Scheuer hat die Verträge schon im Dezember 2018 unterschrieben

Aus Sicht der Opposition sind das Scheuers gravierendste Fehler: Der Minister hat die Verträge nicht nur vor dem EuGH-Urteil unterschrieben. Er hat sich auch auf das positive Plädoyer des Generalanwalts beim EuGH berufen, das ihm weitgehende Rechtssicherheit gegeben habe. Das Plädoyer wurde aber erst im Februar 2019 gehalten, Scheuer hat die Verträge schon im Dezember 2018 unterschrieben. Scheuer hatte auch mehrfach behauptet, die Opposition im Bundestag hätte keine Bedenken gegen sein Vorgehen geäußert. Kühn sagte hingegen am Donnerstag, in der Sitzung des Verkehrsausschusses am 7. November 2018 hätten mehrere Abgeordnete sehr genau nach den Risiken gefragt, die sich durch eine Unterschrift vor dem EuGH-Urteil ergeben. Luksic sagte in einem Pressegespräch, dass Scheuer sich auch im Haushaltsausschuss des Bundestages hätte rückversichern müssen, als die Zahl der Unternehmen, die sich um den Auftrag bewarben, von vier auf zwei gesunken sei. Nach einem Rechtsgutachten widerspreche dieses Vorgehen dem Haushaltsrecht. Der Liberale bemängelte zudem, Scheuer habe das Vergaberecht gebrochen: Wenn man eine Vergabe maßgeblich ändere, müsse man das Verfahren neu starten. Wenn andere Unternehmen gewusst hätten, dass es wesentliche Änderungen gebe, hätten sie mitgeboten.

Der Linken-Abgeordnete Cezanne sagte, Toll Collect, das mittlerweile verstaatlichte Unternehmen, das die Lkw-Maut eintreibt, hätte auch den Auftrag für die Pkw-Maut deutlich unter dem marktüblichen Preis erfüllen können. „Aber Minister Scheuer hat den Bundestag darüber nicht informiert. Das ist Vorsatz.“ Kühn will auch die beiden Firmen Kapsch und CTS Eventim in den Zeugenstand rufen. Ihre Vertreter sollten aussagen, ob sie angeboten hätten, mit der Vertragsunterzeichnung bis nach dem EuGH-Urteil zu warten. Scheuer habe das zwar zurückgewiesen. „Das wird jetzt unter Eid geprüft“, kündigte Kühn an. Luksic erhob noch härtere Vorwürfe: Scheuer habe dieses Angebot bekommen und darüber die Unwahrheit gesagt. „Anschließend bittet er die Betreiber, das falsch darzustellen.“ (mit dpa)

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