zum Hauptinhalt
Unterschiedliche Qualität. In Kliniken mit geringer Fallzahl ist das Sterberisiko bei einer Bauchaorten-OP höher.

© Uwe Anspach/dpa

Operation an Bauchschlagader: Sterberisiko hängt von Klinik ab

Wer an der Bauchaorta operiert werden muss, sollte das unbedingt in einer spezialisierten Klinik machen lassen. Dazu rät die Barmer Ersatzkasse. Der Grund: Das Sterberisiko ist anderswo deutlich höher.

Mitunter hängt das Überleben von Patienten davon ab, wie und in welcher Klinik sie operiert werden. Darauf macht die Barmer Ersatzkasse in ihrem neuen Krankenhausreport aufmerksam – und zwar an einem drastischen Beispiel aufmerksam. Nach einer geplanten Bauchaorten-OP war die Sterberate um zwei Prozentpunkte geringer, wenn nicht offen-chirurgisch, sondern minimal-invasiv operiert wurde. Und sie sank um weitere 2,3 Punkte, wenn der Eingriff in einem zertifizierten Gefäßzentrum statt in einer Wald- und Wiesenklinik erfolgte.

Die Versorgung von Patienten mit planbarer Operation an der Bauchschlagader müsse besser werden, forderte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub unter Bezug auf die Studie. „Künftig sollten die Eingriffe nur noch in zertifizierten Gefäßzentren oder Kliniken mit einer hohen Fallzahl erfolgen.“ Dafür wäre aus Sicht des Funktionärs „die Einführung von Mindestmengen pro Standort und Operateur sinnvoll“. Für den schwierigen Eingriff seien nun mal Erfahrung und Routine nötig.

Gute Versorgung in Brandenburg und Berlin

Nach Barmer-Angaben leiden rund 200.000 Menschen über 65 in Deutschland an einer erweiterten Bauchschlagader. Eine tödliche Gefahr, denn unbehandelt kann diese Erkrankung zum Platzen der Aorta führen. Albert Einstein, Thomas Mann und Charles de Gaulle sind daran gestorben.

Im Jahr 2016 wurden mehr als 11.400 Patienten an der Bauchschlagader operiert. Doch was das Operationsverfahren betrifft, gab es je nach Region deutliche Unterschiede. Während in Sachsen zwischen 2014 und 2016 fast 85,7 Prozent, in Brandenburg 84,8 und in Berlin 83,4 Prozent der Patienten minimal-invasiv operiert wurden, waren es in Niedersachsen nur 69,2 Prozent und im Saarland gar nur 60,9 Prozent.

Dabei sei bekannt, dass der minimal-invasive Eingriff mit geringerer Sterblichkeit einhergehe, sagte Studienautor Boris Augurzky. Eine qualitativ hochwertige Operation dürfe nicht vom Wohnort abhängen.

Krankenkasse verlangt Vorgabe von Mindestmengen

Gleichzeitig belegt die Untersuchung, dass nicht nur zertifizierte Gefäßzentren, sondern auch Krankenhäuser mit hoher Fallzahl besser abschneiden. Dort lag die Sterberate nach der OP um 2,6 Prozentpunkte niedriger als in Häusern mit niedriger Fallzahl. Nun müsse der Gemeinsame Bundesausschuss Richtgrößen festlegen, forderte Kassenchef Straub. Denkbar seien bei Bauchaorta-Ops mindestens 50 Eingriffe pro Jahr. Häuser, die bei solchen Eingriffen nicht auf die festgelegten Mindestmenge kämen, sollten keine Vergütung mehr erhalten.

Dass die Barmer das Mindestmengen-Problem am Beispiel von Bauchaorta-Operationen festmacht, dürfte auch daran liegen, dass solche Eingriffe deutlich häufiger werden. Zum einen steigt das Risiko einer erweiterten Bauchschlagader mit zunehmendem Alter. Zum andern haben männliche Kassenpatienten ab 65 seit Januar 2018 Anspruch auf kostenlose Ultraschalluntersuchung ihrer Bauchschlagader. Im Schnitt sind Bauchaorten-Patienten 73 Jahre alt und zu 89 Prozent männlich.

Bei einem derart komplexen Eingriff sei eine Fahrtzeit von mehr als einer Stunde nicht das Problem, meinte Straub. Es gehe schließlich ums Überleben. Einen ähnlichen Zusammenhang zwischen Erfahrung und Qualität gebe es auch bei anderen Eingriffen. Schlaganfall-Patienten sollten ebenfalls von spezialisierten Teams untersucht werden.

Immer länger wegen psychischer Erkrankungen in der Klinik

Wie aus dem Krankenhausreport weiter hervorgeht, verbringen Patienten immer weniger Zeit im Krankenhaus. Die Verweildauer sank seit dem Jahr 2006 von durchschnittlich 8,5 auf 7,5 Behandlungstage. Das ist ein Minus von zwölf Prozent. Anders ist der Trend bei der Behandlung psychischer Krankheiten. Dort stieg die Verweildauer im selben Zeitraum um 9,2 Prozent - von 22,2 auf 24,2 Tage.

Vor allem Depressionen waren im vergangenen Jahr für lange Liegezeiten im Krankenhaus verantwortlich. So machten depressive Störungen 4,9 Prozent aller Kliniktage aus und depressive Episoden 3,1 Prozent. Der Anteil aller Krankenhaustage aufgrund von Herzinsuffizienz lag bei 2,7 Prozent, durch Schizophrenie bei 2,5 Prozent und durch Hirninfarkte sowie psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol bei jeweils zwei Prozent.

Bei der Nutzung von Kliniken gibt es allerdings große Unterschiede. Während sich im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg nur 174 von 1000 Personen in ein Krankenhaus begaben, waren es in Thüringen 243 und im Saarland 242. Gründe dafür liegen aus Expertensicht in dem unterschiedlichen Angebot an ambulanter Versorgung und der Altersstruktur. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false