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Olaf Scholz spricht am Dienstag im Bundestag.

© Kay Nietfeld/dpa

Olaf Scholz und seine Haushaltspolitik: O steht für Ordnung, S für Stabilität

Der Bundesfinanzminister erläutert im Bundestag seinen Kurs. Die schwarze Null in guten Zeiten sieht er als Vorsorge für mögliche Krisenfälle.

Hanseaten halten zusammen. Und Johannes Kahrs weiß schon, wem er helfen muss an diesem Dienstag zum Auftakt der viertägigen Haushaltsdebatte im Bundestag. Der SPD-Haushaltspolitiker aus Hamburg lässt deshalb nichts kommen auf seinen Mithanseanten Olaf Scholz, den früheren Hamburger Bürgermeister und jetzigen Bundesfinanzminister. Vizekanzler ist Scholz auch noch. Beobachter der inneren Verhältnisse (oder Zustände) der Sozialdemokratie berichten, es gebe Unmut in der Partei wegen Scholz.

Bei 14 Prozent in den Umfragen müssen Gründe gesucht werden, und die findet man leicht beim Personal. Und Scholz ist eben nicht die charismatische Figur, die man jetzt plötzlich so gerne hätte, weil offenbar die programmatische Aufstellung nicht mehr zur Selbstüberzeugung taugt. Scholz ist kein Hanseat wie andere Hanseaten einst, kein Brandt, kein Schmidt.

Aber immerhin die Führungsfigur, die an entscheidenden Hebeln sitzt im Finanzministerium. Also verteidigt Kahrs seinen Scholz so frech wie tapfer nicht nur gegen erklärte Kritik aus der Opposition, sondern auch gegen noch unerklärte Kritik aus den eigenen Reihen. Der Haushalt sei „ganz hervorragend“ und „vernünftig finanziert“, sagt er. Ohne neue Schulden. Solide, wie man es gewohnt sei. „Danke, Olaf Scholz.“

Latente Vorwürfe

Dass Scholz kein eigenes Profil zeige, dass er zu sehr in Wolfgang Schäubles Spur wandle, dass er zu wenig sozialdemokratische Akzente setze, ist ein latenter Vorwurf, seit er das Amt übernommen hat. Und anfangs war er auch unsicher, offenkundig auf das Amt nicht richtig vorbereitet. Den Eindruck muss er nun wegwischen. Zwölf Euro Mindestlohn hält er zum Beispiel für gerechtfertigt, aber das kann er nicht herbeireden, da kann er der Mindestlohnkommission allenfalls um Jahre vorgreifen.

Europapolitisch versucht er sich nun als Koalitionslokomotive, mit der EU-Arbeitslosenunterstützung, mit dem Voranschreiten beim Euro-Budget, mit der EU-Digitalsteuer. Im Dezember soll es einen mit Paris abgestimmten Vorschlag geben, wie sie aussehen soll, falls man international nicht weiterkomme damit.

Im Inneren aber hat er sich für eine Linie entschieden, die zu seinem Namen passt. Das O und das S stehen bei Scholz für Ordnung und Solidität. Wahlweise auch für Ordnung und Sicherheit. Die Begriffe fallen oft bei ihm, in Reden und Pressegesprächen. Ist der Mann konservativ? Mutmaßlich ja, wenn auch in der sozialdemokratischen Version.

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Übermäßiges Geldausgeben in der Hochkonjunktur ist mit solch einem Finanzminister nicht zu machen, soll signalisiert werden. Staatliche Investitionen fährt man hoch, wenn es bergab geht mit der Wirtschaft. Ganz keynesianisch, wie sein Staatssekretär Werner Gatzer es gern nennt, jener ebenfalls konservative, wenn auch nicht hanseatische Sozialdemokrat, der im Ministerium schon seit vielen Jahren die Etatplanung verantwortet. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Ordentlich und solide. Scholz meint, dass das auch bei einfacheren Leuten gut ankommt.

Schwarze Null = Mehr Spielraum

Und so verkauft Scholz seinen von der Union mitgetragenen Kurs in der Haushaltspolitik in der Bundestagsdebatte als Beitrag zu Ordnung, Sicherheit und Solidität. Keine neuen Schulden jetzt heißt da: Mehr Spielraum in der Zukunft, wenn’s mal wieder schlechter läuft. Die Politik der Rücklagen, die Gatzer schon unter Schäuble begonnen hat, gehört dazu.

Der größte Batzen, die Asyl-Rücklage, immerhin 24 Milliarden Euro, bei einem Überschuss 2018 noch mehr, wird wegen der gesteigerten Ausgaben der Koalition schon mal angetastet. Aber sparsam und vorsichtig, eine halbe Milliarde soll davon abgezweigt werden. Scholz verweist auf Italien, mit einer Staatsverschuldung weit über hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und verweist darauf, dass Deutschland nun auch dank der Politik der schwarzen Null unter die Euro-Stabilitätsmarke von 60 Prozent komme. Und damit jene Verschuldungsspielräume in der Zukunft habe, die man in Rom nicht geschaffen hat. Wo eine populistische Regierung nun die Schulden erhöht.

Scholz, der Nicht-Charismatiker, hat durchaus eine Agenda. Ob sie in der Partei ankommt, ist die Frage. Und auch „draußen bei den Menschen“, wie es nicht nur im SPD-Sprech gern heißt. Leute wie Kahrs, der die konservativen „Seeheimer“ in der Fraktion anführt, stehen hinter ihm. Was bisher nicht so richtig wahrgenommen wird: Scholz ist laut ZDF-Politbarometer immerhin der angesehenste Sozialdemokrat. Platz drei hinter Schäuble und der Kanzlerin. Vor Außenminister Heiko Maas. Weit vor Parteichefin Andrea Nahles.

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