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Olaf Scholz.

© Axel Schmidt/Reuters

Olaf Scholz und der Etat für 2019: Gelöste Stimmung, aber vorsichtig

Der Finanzminister stellt seinen ersten Bundeshaushalt vor. Es ist ein Etat im Überfluss. Olaf Scholz will vor allem Vorsorge treffen. Denn die nächste Krise kommt bestimmt.

Olaf Scholz kennt man bei Pressekonferenzen in zwei Rollen: als Scholz den Verkniffenen oder als Scholz den Gelösten. Am Freitag gab er den letzteren. In recht munterer Stimmung stellte der sozialdemokratische Bundesfinanzminister, der Herr über 357 Milliarden Euro, in Berlin seinen Entwurf für den Haushalt 2019 vor, den zuvor das Kabinett beschlossen hatte. Kein Wunder: Die Aufstellung dieses Etats ist keine große Herausforderung gewesen angesichts der hohen Einnahmen dank guter Konjunktur und vergleichsweise geringer Arbeitslosigkeit, angesichts der geringen Zinslasten und angesichts der Tatsache, dass Union und SPD schon seit Jahren haushaltspolitisch einigermaßen gut harmonieren. Beide haben den Schock der Finanzkrise von 2008 noch im Nacken – auch damals regierte eine schwarz-rote Koalition. Und sie trauen beide der ungewöhnlich langen Wachstumsphase nicht so recht, die nach dem Ende der akuten Krise einsetzte und nun schon den fünften Bundeshaushalt ohne neue Schulden in Folge ermöglicht.

Der gelöste Scholz hat daher, sozusagen in einer Nebenrolle, auch den vorsichtigen Scholz parat. Und der betont, dass man in guten Zeiten vorsorgen muss, denn es kommen wieder schlechtere. Eine „solide und vorsichtige Finanzpolitik“, trägt er vor, schaffe die Möglichkeit, auf eine neuerliche Krise angemessen reagieren zu können. Dann also, wenn der Staat wieder einspringen muss mit höheren Investitionen, mit Konjunkturspritzen wie der Abwrackprämie, mit verlängertem Kurzarbeitergeld und mit einer erhöhten Neuverschuldung. Aber noch ist es nicht so weit, und die Chance einer noch längeren Wachstumsphase, sollte nicht Donald Trumps Handelspolitik die Welt in eine Rezession schicken, will Scholz nutzen. Vor allem beim Verschuldungsspielraum: Erstmals sinkt 2019 die deutsche Schuldenquote wieder unter die Euro-Stabilitätsmarke von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und der Finanzminister hat nichts gegen noch weit geringere Quoten. In der Finanzplanung ist für 2022 ein Schuldenstand von nur noch 52 Prozent vorgesehen. Die schwarze Null bleibt das Kennzeichen der großen Koalition.

Nicht ganz wie Schäuble - aber fast

Ganz als Scholz der Schäublegleiche möchte der SPD-Mann aber nicht in die Geschichte eingehen. Dafür steht seine Botschaft, die Investitionen stiegen auf Rekordniveau. Freilich hat auch der Bund das Problem, dass die Investitionsmittel nicht in dem Maße abfließen, dass Rekordhöhen im Entwurf auch zu Rekordinvestitionen in der Haushaltsabrechnung werden. Auf sieben Milliarden Euro addieren sich mittlerweile die Ausgabenreste aus den Vorjahren – 37,9 Milliarden Euro hat Scholz für neue Investitionen im kommenden Jahr eingestellt. Und auch für die drei Jahre danach, womit die Investitionsquote des Bundes sinken würde, aber Scholz sieht darin nur eine weitere vorsichtige Herangehensweise, die Spielräume zulässt. Das Problem mit den zu geringen Planungskapazitäten, in dem Scholz den Stau beim Mittelabfluss vor allem begründet sieht, soll die neue Infrastrukturgesellschaft des Bundes beheben helfen – die freilich erst noch aufgebaut werden muss.

Weil viel Geld da ist, beginnt der Bund sogar eine „Demografievorsorge“ in der Rentenversicherung zu bilden – mit einer allerdings sehr moderaten Anfangssumme von zwei Milliarden Euro im Jahr 2021. Sie soll, verspricht Scholz, schon Ende 2024 zweistellig werden. Auch sie wird von Scholz als Reserve für schlechtere Tage bezeichnet.

Plus für Rüstung

Dass unter ihm der Verteidigungsetat deutlicher steigt als unter Schäuble (von 40 Milliarden Euro im alten Finanzplan auf nun 42,9 Milliarden im Etatentwurf) verbindet Scholz, nun in der Rolle des Wehrhaften, mit der Bemerkung, er habe die „restriktive Politik“ der Verteidigungsminister der Union immer kritisch gesehen. Nun wird mehr Geld bereitgestellt für Materialerhaltung und Rüstungsbeschaffung, wobei die Union nun noch höhere Leistungen fordert – auch mit Blick darauf, dass Deutschland bei der Erfüllung der Nato-Vereinbarung weit hinterhergaloppiert, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Parallel steigt auch der Etat des Entwicklungsministeriums.

Die Grünen sehen hier aber schon einen Bruch des schwarz-roten Koalitionsvertrags. Dort sei vereinbart, dass in dieser Legislaturperiode die Ausgaben für Entwicklung eins zu eins zu den Ausgaben für Verteidigung anwachsen sollen, sagt die Grünen-Haushaltspolitikerin Anja Hajduk. „2019 erhält Frau von der Leyen vier Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr, das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium erhalten zusammen aber nur 400 Millionen Euro.“ Es sei unverständlich, „dass ein sozialdemokratischer Finanzminister die internationale Glaubwürdigkeit so aufs Spiel setzt“.

Mehr Kindergeld, höherer Kinderfreibetrag, Abbau der kalten Progression, und für Ärmere noch ein Plus beim Kinderzuschlag – Scholz verspricht auch „mehr Netto“ für die Bürger. Ebenso mehr Mittel für Kinderbetreuung und den sozialen Wohnungsbau, wobei die 1,5 Milliarden Euro, die der Bund hier zuschießen will, den Bedarf nicht annähernd decken.

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