zum Hauptinhalt
Redet nicht nur, handelt auch: Das hat Olaf Scholz in Hamburg gezeigt.

© dpa

Olaf Scholz: Das Prinzip Wirksamkeit

"Elphi" gerettet, Schulen saniert, sozial gebaut: Die SPD sollte die Hamburger Leistungen ihres Vorsitzenden-Kandidaten nicht unterschätzen. Ein Kommentar.

Wenn die SPD-Parteitage ein Schulhof wären, dann wäre Olaf Scholz das Kind, das immer gehänselt und dann verdroschen wird. Wenn er nicht das schlechteste Wahlergebnis von Parteitagen verpasst bekommt, dann das zweitschlechteste. Bevor ihn seine Partei bei der Suche nach neuen Vorsitzenden jetzt wieder mit einem blamablen Ergebnis demütigt, sollte sie sich darüber klar werden, dass Olaf Scholz über eine Eigenschaft verfügt, die in der Bevölkerung außerordentlich populär ist, aber in der Politik Seltenheitswert hat: Wirksamkeit.

An drei Beispielen ist das besonders auffällig geworden. In den Schulen, beim Wohnen und bei den einschlägigen Skandalbauten. Bis zu Scholz Amtsantritt als Erster Bürgermeister in Hamburg galt das Gesetz, dass Schulen in Stadtstaaten nicht zu retten sind. Berlin, Hamburg und Bremen belegten über Jahrzehnte in Vergleichsstudien sicher die Abstiegsplätze, offen war nur die Reihenfolge.

Bremen und Berlin lässt er aussehen wie Schulversager

Scholz änderte das in einer so beeindruckenden Art und Weise, dass seine SPD-Kollegen in Bremen und Berlin seitdem unentschuldigt als Schulversager dastehen. Zudem baute Scholz in Hamburg schon Sozialwohnungen, als sich in Berlin nur Immobilienkonzerne für das Bauwesen interessierten. Und noch deutlicher wird die Scholzsche Wirksamkeit beim Vergleich der Skandalgroßbauten: der Elbphilharmonie in Hamburg und des Flughafens BER in Berlin-Brandenburg.

Als die "Elphi"-Großbaustelle aus dem Ruder lief, griff Scholz ein - und löste die Probleme.
Als die "Elphi"-Großbaustelle aus dem Ruder lief, griff Scholz ein - und löste die Probleme.

© DPA-TMN

Als der Bauskandal für jedermann unübersehbar war, hat Scholz nahezu alles anders gemacht als seine Bürgermeister-Parteifreunde in Berlin. Er ist nicht feige vor der Verantwortung aus den Gremien geflohen, sondern hat die Aufgabe an sich gezogen.

Er hat nicht aus Effekthascherei kurzfristig Sündenböcke gefeuert, sondern stieg tief ins Thema ein, band die Generalpartner ein und machte sie tatsächlich mitverantwortlich. Er hat dabei kurzfristig heftige Kritik in Kauf genommen, während seine Berliner Pendants lieber für kurzatmige Irrsinnshandlungen Jahre der Verzögerung und einen Milliardenschaden in Kauf nahmen, der in einem Unternehmen als strafbare Untreue verfolgt werden würde.

Scholz ging selbst in die Details, während der über Jahre Flughafen-Zuständige des Regierenden Bürgermeisters nach dem Wechsel an den BER den Offenbarungseid leistete, erst jetzt sei ihm das Ausmaß der Katastrophe deutlich geworden.

Plastikpfand und Müllberge, Ökostrom und Klimakrise

Eine, vielleicht die zentrale, Quelle von Politikverdrossenheit und Populismus in der Bevölkerung speist sich aus dem Entsetzen über die Wirkungslosigkeit von Politik im Kleinen wie im Großen. Die Liste ist unendlich und spürbar in jedermanns Alltag. Sie reicht von einer Mehrwegverpackungsverordnung, die mehr deutschen Einwegmüll bis an die Strände Thailands spült, über Bahn und Bundeswehr, bis zu einer Klimapolitik, die trotz höchster Kosten ihre Ziele verfehlt.

Das Muster ist stets das gleiche: Komplexe Aufgaben werden nicht durchdrungen und mit Scheinlösungen verschlimmert. Es ist die toxische Mischung von verantwortungslos und oberflächlich, die Herrschaft der Schlamper. Die SPD-Mitglieder können jetzt ein Zeichen dagegen setzen. Sie können einen Vorsitzenden wählen, der nachgewiesen hat, dass er Probleme lösen will und kann – und damit Volkswahlen gewonnen hat.

Sebastian Turner

Zur Startseite