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Österreich: Abrechnung mit Kurz und Kickl

Helmut Brandstätter war Journalist, jetzt ist er Politiker. Er hat eine Abrechnung geschrieben über Österreichs gestürzte Regierung. Eine Rezension.

Im Mai stürzte in Österreich die Koalition aus konservativer ÖVP und rechter FPÖ über die Ibiza-Videoaffäre. Am 29. September wird in der Alpenrepublik deshalb das Parlament neu gewählt. In der kurzen Pause dazwischen schrieb Helmut Brandstätter, einer der renommiertesten Journalisten des Landes, eilig ein Buch.

Herausgekommen ist eine Generalabrechnung mit dem gescheiterten ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ. Brandstätter hat eine Streitschrift verfasst, die ihre furiose polemische Wucht aus persönlicher Betroffenheit bezieht. Der Autor war Herausgeber der Zeitung „Kurier“, die den Versuchen der Einflussnahme des Duos Kurz/Kickl direkt ausgesetzt war. Brandstätter beschreibt die „Medienkontrolle“ der Rechts-Regierung ausführlich. Es ist aber auch die Antrittsrede des 64-Jährigen als Politiker: Er steht bei der Wahl auf einem sicheren Listenplatz der der liberalen Partei Neos.

Es geht zwar um Österreich, doch zugleich um die Mechanismen der Erosion demokratischer Werte. Brandstätter schildert genau und in ungewöhnlich scharfer Sprache den „Beginn des Weges in eine autoritäre Republik“ – auf dem beispielsweise Ungarn und Italien schon sehr viel weiter sind. Als Ursache dieses Verfalls macht der Autor einen Bundeskanzler aus, dem konservative Werte gleichgültig sind und der nur seinen Geltungsdrang lebt.

Brandstätter zeigt auch, wie abwegig der Gedanke ist, die Rechtspopulisten würden sich bei einer Beteiligung an der Macht „entzaubern“. Vergleichbares wird in Teilen der CDU mit Bezug auf die AfD durchaus diskutiert. Der Autor zeichnet nach, wie Innenminister Kickl in seinen nur 17 Monaten in der Regierung grundlegende Änderungen im Polizeiapparat auf den Weg brachte, die darauf zielten, die Loyalität der Sicherheitskräfte umzulenken: weg von der Verfassung, hin zu den parteipolitischen Zwecken der Rechten oder gar persönlichen Interessen.

Das Buch ist eine ernste Warnung. Denn Kurz wird wohl wiedergewählt – und er will noch einmal mit den Rechten regieren. Nur Kickl soll nicht mehr dabei sein.

Das Buch als Tweet: Denn sie haben bald wieder die Wahl #ibizagate

Helmut Brandstätter: „Kurz & Kickl: Ihr Spiel mit Macht und Angst“, Kremayr&Scheriau, 208 Seiten, 22 Euro.

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