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In der Kritik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser stößt in den Sicherheitsbehörden auf Widerstand mit ihrer Migrationspolitik. Außerdem hält die Union ihr einen Text für ein linkes Magazin vor.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Nutzen Terroristen Freizügigkeit aus?: Sicherheitskreise besorgt wegen der Migrationspolitik von Faeser und Baerbock

Bundesinnenministerin Faeser will reguläre Einwanderung erleichtern, Baerbock Ortskräfte aus Afghanistan holen. Sicherheitsexperten haben Bedenken.

Von Frank Jansen

In den Sicherheitsbehörden gibt es offenbar Bedenken gegenüber der Migrationspolitik von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Faeser versucht, mit EU-Staaten eine „Koalition der Willigen“ zu schmieden, um reguläre Einwanderung zu erleichtern und illegale Migration zu dämpfen.

Doch in einem Papier, das im „Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (Gasim)“ kursiert, wird befürchtet, eine vereinfachte reguläre Einwanderung könnte generell den Zustrom von Geflüchteten verstärken und Schleuserbanden würden profitieren. Darüber berichtete zuerst die „Bild“-Zeitung.

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Das Gasim ist eine Plattform, in der sich verschiedene Institutionen über illegale Zuwanderung austauschen. Beteiligt sind Experten aus dem Auswärtigen Amt, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und der Bundeszollverwaltung.

Es ist allerdings unklar, ob alle genannten Behörden die Bedenken zu Faesers Vorstellungen teilen. Das Innenministerium gab am Dienstag keine Stellungname ab.

In Sicherheitskreisen ist auch die Sorge zu hören, Außenministerin Baerbock könnte ungewollt das Risiko der Einreise von Terroristen erhöhen. Baerbock hatte im Dezember einen „Aktionsplan Afghanistan“ angekündigt.

Es ging um insgesamt 15.000 ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr und weiterer deutscher Institutionen, die in Afghanistan tätig waren und in die Bundesrepublik geholt werden sollen.

Sicherheitsexperten bestreiten nicht die persönliche Not vieler ehemaliger Ortskräfte in dem von den Taliban zurückeroberten Land. Doch befürchtet werden gefährliche Täuschungsmanöver der Islamisten. Ihnen wird zugetraut, dass sie ehemalige Ortskräfte beseitigen, um deren Pässe Terroristen für die Einreise nach Deutschland in die Hand zu drücken.

Das FBI sucht den Innenminister der Taliban als Terroristen

Sicherheitskreise verweisen auf das Bündnis der Taliban mit Al Qaida. Das Misstrauen ist noch gewachsen, als nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 der engste Verbündete von Al Qaida und Drahtzieher schwerer Anschläge, Siradschuddin Haqqani, zum Innenminister des „Islamischen Emirats Afghanistan“ ernannt wurde.

Die amerikanische Polizeibehörde FBI führt Haqqani auf der Liste der „most wanted terrorists“ und verspricht zehn Millionen Dollar Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme Haqqanis führen. Die Migrationspolitik der Ampelkoalition scheint nun zumindest im Fall Faeser ein Angriffspunkt der Opposition zu werden. Die „Bild“-Zeitung zitierte am Dienstag den im Europaparlament sitzenden CSU-Politiker Markus Ferber mit den Worten, die Reformversuche der Innenministerin in der europäischen Flüchtlingspolitik würden für Deutschland „zum Sicherheitsrisiko“.

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Auf Anfrage des Tagesspiegels teilte Ferbers Büro allerdings mit, das migrationskritische Papier aus dem Gasim liege dem Abgeordneten nicht vor. Ferbers Angriff auf Faeser zeugt allerdings vom Versuch der Union, die Innenministerin als Schwachstelle der Ampelkoalition zu markieren.

Union, "Bild", AfD und "Junge Freiheit" schießen sich auf Faeser ein

So kombinierte Ferber bei „Bild“ die harte Kritik an Faeser noch mit der Bemerkung, „die Bundesinnenministerin ist unserem Land und nicht der Antifa verpflichtet“. Damit spielte der CSU-Politiker auf eine Debatte an, in der Faeser attackiert wird von der Union, der „Bild“-Zeitung“, der AfD und dem radikal rechten Blatt „Junge Freiheit“.

Die SPD-Politikerin hatte 2021, vor dem Antritt als Ministerin, in einem Beitrag für das Magazin „antifa“ über ihre Bedrohung durch Rechtsextremisten mit der Bezeichnung „NSU 2.0“ berichtet.

Die Zeitschrift „antifa“ wird von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN - BdA)“ herausgegeben. Der bayerische Verfassungsschutz nennt die VVN-BdA im Jahresbericht 2020 als „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die VVN-BdA auch, erwähnt sie aber nicht im Jahresreport.

Faeser hat sich nur indirekt zum Vorwurf geäußert, für die Publikation einer radikal linken Gruppierung geschrieben zu haben. Am Sonntag twitterte Faeser, die Vorwürfe der „Jungen Freiheit“, der AfD, der „Bild“-Zeitung und von CDU-Abgeordneten seien „durchschaubar“.

Faeser betonte, „ich habe immer klare Kante gegen Rechtsextremismus und alle Feinde der offenen Gesellschaft gezeigt - und werde das auch weiterhin tun“. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, verlangt von Faeser, sie müsse sich im Bundestag bei der kommenden Sitzung des Innenausschusses „erklären“.

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