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Der voraussichtliche neue Kanzler Olaf Scholz (SPD).

© dpa/ Frank Rumpenhorst

„Nur ein kleiner Tipp von mir“: Scholz ruft Jusos zu Zurückhaltung bei Ampel-Kritik auf

Der SPD-Nachwuchs hat Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP. Kanzler Olaf Scholz rät den Jusos, sich mit Kritik an der Union zu beschäftigen.

Der voraussichtliche neue Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat für die Koalition mit Grünen und FDP geworben und die Jusos zur Zurückhaltung im Umgang mit den künftigen Partnern aufgerufen. Man solle sich nun mehr mit der CDU beschäftigen als mit denen, mit denen die SPD einen Aufbruch gemeinsam wagen wolle, mahnte Scholz am Samstag beim Bundeskongress der Jusos in Frankfurt. Zuvor hatte es Kritik aus Reihen der Nachwuchsorganisation unter anderem daran gegeben, dass FDP-Chef Christian Lindner neuer Finanzminister werden soll.

„Es ist nicht wichtig, wer welches Ressort hat“, sagte Scholz. „Es geht um eine Gesamtleistung, die die Regierung zustande bringen muss. Und selbstverständlich müssen die politischen Ziele, die wir miteinander vereinbart haben im Koalitionsvertrag, und die Dinge, die wir miteinander hinkriegen wollen, so sein, dass sie gelingen, weil alle das richtig machen - die Annalena, der Robert, der Christian und all die anderen, mit denen wir jetzt die gemeinsame Regierung bilden.“ Gemeint sind neben Lindner die beiden Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck.

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Scholz finde es sinnvoller, „dass man sich mehr mit der Union beschäftigt als mit denen, mit denen wir jetzt hier den Aufbruch wagen wollen“, sagte Scholz. Dies sei „nur ein kleiner Tipp von mir“ an die Jusos. Zuvor war auf dem Bundeskongress Unzufriedenheit mit dem Koalitionsvertrag und insbesondere mit dem künftigen Koalitionspartner FDP laut geworden.

Scholz betonte: „Wir haben eine Situation, in der wir wirklich einen Aufbruch für Deutschland wagen können.“ Das habe mit der ganz speziellen Konstellation der drei künftigen Regierungspartner zu tun. „Das, glaube ich, kann tragen, weit über das hinaus, was wir gegenwärtig im Blick haben.“ Es könne eine „neue gesellschaftliche Mehrheit“ repräsentiert werden. „Das ist eine große Veränderung“, sagte Scholz. „Übrigens gilt das auch für die Union, die ja irgendwie ahnt, dass das möglicherweise etwas ist, das viel langfristiger wirkt.“

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SPD, Grüne und FDP hatten am Mittwoch einen Koalitionsvertrag vorgestellt. Zwei Monate nach der Bundestagswahl legten sie damit den Grundstein für die erste Ampel-Bundesregierung. Was die Parteiführungen ausgehandelt haben, muss noch bestätigt werden. SPD und FDP haben dafür Parteitage am Wochenende 4./5. Dezember geplant. Die Grünen entscheiden in einer Urabstimmung über den Vertrag und die grüne Personalaufstellung für das Bundeskabinett. In der Woche ab 6. Dezember soll Scholz dann im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.

„Ampel-Euphorie gibt es bei uns nicht“

Die Grüne Jugend diskutierte am Samstag in Berlin über den Koalitionsvertrag. Trotz Vorbehalten insbesondere in der Sozial- und Klimapolitik empfahl sie ihren Mitgliedern die Zustimmung. „Ampel-Euphorie gibt es bei uns nicht. Niemand steht hier mit ampelfarbenen Konfetti-Kanonen“, sagte Grüne-Jugend-Chef Timon Dzienus bei einer Konferenz der Nachwuchsorganisation mit etwa 50 Delegierten aus den Ländern. Er betonte aber auch: „Dieser Koalitionsvertrag eröffnet ein erstes Fenster für Verbesserungen.“

Der sogenannte Länderrat nahm einen Dringlichkeitsantrag des Vorstands mit kleineren Änderungen und großer Mehrheit an. „Wir als Grüne Jugend werden uns nicht gegen den Koalitionsvertrag stellen und empfehlen deswegen unseren Mitgliedern die Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Davon bleibt unberührt, dass jedes Mitglied eine freie und selbstbestimmte Entscheidung unter Beachtung der erfolgten Auswertung treffen kann“, heißt es dort.

Die 125.000 Grünen-Mitglieder können in einer Urabstimmung noch bis zum 6. Dezember über den Koalitionsvertrag entscheiden. Eine einfache Mehrheit genügt, ein Quorum gibt es nicht. Etwas mehr als zwei Drittel der rund 18 000 Mitglieder der Grünen Jugend, nämlich nach jüngsten Angaben 12 480, hat ein Parteibuch. Damit machen Anhänger der Nachwuchsorganisation ungefähr ein Zehntel aller Grünen-Mitglieder aus. (dpa)

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