zum Hauptinhalt
Ralf Wohlleben (Mitte) neben seinen Anwälten im Gerichtssaal bei einer Verhandlung Ende Mai.

© dpa

NSU-Prozess: Richter sehen keinen Grund für Befangenheit

Rückschlag für Ralf Wohlleben: Der Befangenheitsantrag gegen Richter des 6. Strafsenats, den seine Anwälte gestellt hatten, wurde abgelehnt - von Richtern des 6. Strafsenats.

Von Frank Jansen

Im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München hat der 6. Strafsenat erneut einen Befangenheitsantrag überstanden. Das am Dienstag von den Verteidigern des Angeklagten Ralf Wohlleben eingereichte Ablehnungsgesuch gegen fünf Richter sei „als unbegründet verworfen worden“, sagte am Donnerstag die Sprecherin des Gerichts, Andrea Titz. Über den Antrag hatten andere Richter des 6. Strafsenats und nicht, wie erwartet worden war, ein weiterer Senat des OLG entschieden.
Wohlleben und seine Verteidiger halten den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl und seine vier Kollegen für befangen, da der Strafsenat im Juni einen Antrag auf Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft abschlägig beschieden hatte. Der ehemalige NPD-Funktionär sitzt seit November 2011 hinter Gittern. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, zusammen mit dem Angeklagten Carsten S. die Pistole Ceska 83 beschafft zu haben, mit der die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von 2000 bis 2006 neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen hatten. Die Anklage gegen Wohlleben lautet auf Beihilfe zu neunfachem Mord. Außer Wohlleben befindet sich von den fünf Angeklagten nur noch Beate Zschäpe in Untersuchungshaft.

Ralf Wohlleben schweigt

Der Beschluss der Richter, Wohlleben nicht auf freien Fuß zu setzen, war für den Angeklagten sogar ein doppelter Rückschlag. Das 16-seitige Papier liest sich beinahe schon wie ein Urteil. Die Richter begründen ausführlich, warum sie bei Wohlleben weiterhin einen dringenden Tatverdacht sehen. Vor allem das umfassende Geständnis des Mitangeklagten Carsten S. hat den Strafsenat offenbar beeindruckt. Carsten S. hatte zu Beginn des Prozesses seinen eigenen Tatbeitrag geschildert und Wohlleben massiv belastet.

Anfang 2000 soll demnach Wohlleben den Kontakt zum Waffenlieferanten hergestellt und Carsten S. 2500 D-Mark für den Erwerb der Ceska 83 gegeben haben. Carsten S. gab zu, dann selbst die Waffe nach Chemnitz gebracht zu haben, wo er sie den seit 1998 untergetauchten Mundlos und Böhnhardt in einem Abbruchhaus übergab.

Wohlleben schweigt. So tat es am Donnerstag auch seine Frau. Die als Zeugin geladene Jaqueline W. nannte nur Vornamen, Alter und Adresse und konnte nach wenigen Minuten gehen. Jaqueline W. setzte sich dann, wie schon an früheren Verhandlungstagen, neben ihren Mann und hielt seine rechte Hand. Der Ehepartner eines Angeklagten kann laut Strafprozessordnung als Beistand in einer Hauptverhandlung zugelassen werden.

Zur Startseite