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Beate Zschäpe ist die Hauptangeklagte im NSU-Prozess.

© Reuters/Michaela Rehle

NSU-Prozess: Nebenklägerin: „Der Prozess ähnelt für mich einem oberflächlichen Hausputz“

Am Freitag trugen im Oberlandesgericht München die letzten Nebenkläger im NSU-Prozess ihre Plädoyers vor. Die sind mit dem bisherigen Prozessverlauf allerdings gar nicht zufrieden.

Von Frank Jansen

In der mühsamen Schlussphase des NSU-Prozesses ist eine weitere Etappe geschafft. Doch als am Freitag die letzten Nebenkläger im NSU-Prozess ihre Plädoyers vortrugen, gab es wieder bedrückende Momente. „Mein Mann wurde auf brutale Weise hingerichtet“, sagte Yvonne Boulgarides. Die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten Theodoros Boulgarides am 15. Juni 2005 in seinem Schlüsseldienstladen in München mit drei Schüssen in den Kopf getötet. Der Grieche war das siebte migrantische Mordopfer, die weiteren acht hatten türkische Wurzeln. Mit stockender Stimme erklärte Yvonne Boulgarides, dass sie sich vom Prozess deutlich mehr erwartet hatte.

„Die angeblich lückenlose Aufklärung ist uns so viele Fragen schuldig geblieben“, sagte die Ehefrau, „der Prozess ähnelt für mich einem oberflächlichen Hausputz“. Man hätte „die Teppiche lüften müssen, unter die soviel gekehrt wurde“. Als Beispiel nannte sie den Fall des Beamten im Bundesamt für Verfassungsschutz, der kurz nach dem Ende des NSU mehrere Akten über V-Leute schreddern ließ. Der Mann werde vor Strafverfolgung geschützt, sagte Boulgarides. Und sie sprach von „komplettem Organversagen“ beim Staat. Ähnlich verbittert hatten sich weitere Hinterbliebene von Ermordeten sowie überlebende Opfer bei den Plädoyers geäußert.

Bisher zeigte nur ein Angeklagter Reue

Boulgarides schilderte allerdings auch ein Treffen mit dem Angeklagten Carsten S. „Wir haben ihn als einen Menschen erlebt, der sein Mitwirken zutiefst bereute“, sagte Yvonne Boulgarides. Carsten S. hatte die Mordwaffe Ceska 83, mit der auch Theodoros Boulgarides ermordet wurde, Mundlos und Böhnhardt überbracht. Im Prozess legte Carsten S. schon früh und bislang als einziger Angeklagter ein umfassendes Geständnis ab. Das Unrechtsbewusstsein und die Reue von S. seien Eigenschaften, „die wir bei den anderen Angeklagten nicht ausmachen konnten“, sagte Boulgarides.

Die Plädoyers der Nebenkläger hatten Mitte November begonnen. Der Fortgang wurde durch Anträge der Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben und durch die Krankheit eines Richters verzögert. Einige der 94 Nebenkläger und ihrer 59 Anwälte verzichteten auf Schlussvorträge. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl einigte sich am Freitag mit den Verteidigern darauf, dass deren Plädoyers am 13. März beginnen sollen. Mehrere Anwälte hatten eine Unterbrechung des Prozesses gefordert, um sich vorbereiten zu können. Die zwei neuen Verteidiger von Beate Zschäpe sollen die letzte Serie der Plädoyers beginnen. Ein Urteil ist wohl nicht vor dem 5. Jahrestag des Beginns der Hauptverhandlung, dem 6. Mai, zu erwarten.

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