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Die Angeklagte Beate Zschäpe am Montag.

© dpa

NSU-Prozess: Ein Weinchen unterm „Führer“-Bild

Am 82. Tag im NSU-Prozess wird deutlich, dass Zwickau für die rechtsextreme Terrorzelle ein recht bequemer Ort war. Zeugen sagen aus, wer dort alles mit den Rechtsextremen sympathisierte.

Von Frank Jansen

Ihre politische Einstellung sei „normal“, sagt Sindy P. Doch der Nebenklage-Anwalt Yavuz Narin, der die Familie des NSU-Opfers Boulgaridis vertritt, lässt nicht locker. Ob die Zeugin bei Facebook die Kampagne „Bürger sagen Nein – Keine weiteren Asylanten-Heime im Landkreis Meißen!“ unter „Gefällt mir“ nenne? Die Zeugin zögert. „Ich weiß nicht, ob mich da jemand verlinkt hat.“ Der Ehemann könne auf ihr Facebook-Konto zugreifen. Kurz zuvor hat sie dessen politische Haltung auch als „normal“ bezeichnet.

Am 82. Tag im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München wird wieder einmal deutlich, dass Zwickau für die rechtsextreme Terrorzelle kein Ort war, an dem sie sich nicht hätte wohlfühlen können. Die Zeugin, die am Montag aussagt, mal nuschelnd, mal provozierend, war im Haus Polenzstraße 2 eine Nachbarin von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – und nicht die Einzige mit mutmaßlich nationalistischen Ansichten. Auch andere „normale“ Leute haben dort und an einer weiteren Adresse der drei mit dem Rechtsextremismus sympathisiert. Die Terrorzelle konnte sich wohl im Hass auf Migranten bestätigt fühlen.

Das Facebook-Profil des Ehemanns der Zeugin wirkt zudem noch aggressiver als das seiner Frau. Bei den Handy-Uploads taucht ein Adler vor einer Fahne in Schwarz, Weiß und Rot auf. Oben steht „Deutsche geben niemals auf“, unten folgt „Wir kommen wieder!“. Auch das Signet Paulchen Panther aus dem Bekennervideo der NSU-Mordserie taucht auf.

Die meisten Zeugen aus der Polenzstraße 2 haben Zschäpe als nett und kinderlieb beschrieben. Nur ein früherer Nachbar sprach im November auch von einer dunklen Seite der Hauptangeklagten. Zschäpe sei so schlecht auf Ausländer zu sprechen gewesen, sagte der Zeuge, dass sein Bruder sich nicht getraut habe, ihn zu besuchen – seine Frau ist Vietnamesin. Davon wollte jedoch die Frau des Zeugen, die am selben Tag aussagte, nichts bemerkt haben. Im April 2008 zogen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Zwickau um. Auch in der Frühlingsstraße 26 nahm nur Zschäpe Kontakt zu den anderen Bewohnern auf, wieder mit falschem Namen.

Die Hauptangeklagte äußert sich nicht zum Leben im Untergrund und macht auch keine Angaben zur Person. Unbekümmert gaben sich im Prozess hingegen Nachbarn, die wie sie in einer Wohnung der Gegend mit Blick auf Adolf Hitler gezecht hatten. An das Porträt, sagte einer, habe man sich gewöhnt. Der Besitzer nannte es „das gute Bild“.

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