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Die Angeklagte Beate Zschäpe am Dienstag zwischen ihren Anwälten Hermann Borchert (l.) und Mathias Grasel.

© Peter Kneffel/dpa

NSU-Prozess: Beate Zschäpes Antworten müssen warten

Überraschend will sich das Gericht zuerst mit den Aussagen des Angeklagten Ralf Wohlleben beschäftigen. Erst nächste Woche sollen die Antworten von Beate Zschäpe verlesen werden.

Von Frank Jansen

Die im NSU-Prozess mit Spannung erwarteten Antworten von Beate Zschäpe auf Fragen des Oberlandesgerichts München werden nun doch erst kommende Woche zu hören sein. Am morgigen Mittwoch und am Donnerstag will sich der 6. Strafsenat unter Vorsitz von Manfred Götzl mit der Aussage des mitangeklagten Ralf Wohlleben befassen. „Voraussichtlich werden wir zu Ihnen, Frau Zschäpe, erst nächste Woche kommen“, sagte Götzl am Dienstag, dem ersten Verhandlungstag im neuen Jahr. Götzl hatte im Dezember nach Zschäpes Einlassung ungefähr 60 Fragen vorgetragen. Die Antworten haben Zschäpes Anwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert mit der Mandantin in der Weihnachtspause schriftlich formuliert. Warum die Richter jetzt Wohlleben vorziehen, der sich erst nach Zschäpe zur Anklage geäußert hatte, sagte Götzl nicht. 

In seiner Aussage bestritt Wohlleben, an der Beschaffung der Pistole Ceska 83 beteiligt gewesen zu sein. Mit der Waffe hatten die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen. Zschäpe hatte in der von  Anwalt Grasel verlesenen Einlassung angegeben, von den insgesamt zehn Morden des NSU erst im Nachhinein erfahren zu haben. Die Hauptangeklagte will zudem Mundlos und Böhnhardt heftige Vorwürfe gemacht haben.

Reichlich Fragebedarf

Zugegeben hat sie allerdings, am 4. November 2011 die Zwickauer Wohnung der drei angezündet zu haben. Wenige Stunden bevor Zschäpe die Räume in Brand setzte, hatten sich Mundlos und Böhnhardt nach einem Banküberfall in Eisenach erschossen, als ihnen die Polizei auf die Spur kam.

Zu Zschäpes Einlassung haben die Richter reichlich Fragebedarf. Sie wollen unter anderem wissen, was die Angeklagte zur Herkunft von Waffen sagen kann, die in der ausgebrannten Wohnung lagen. Den  Strafsenat interessiert auch, ob Zschäpe weiß, warum Mundlos und Böhnhardt in Heilbronn die Polizistin Michèle Kiesewetter und ihren Kollegen Martin A. als Mordopfer auswählten. Die Neonazis hatten am 25. April 2007 auf die in einem Streifenwagen sitzenden Beamten gefeuert. Kiesewetter starb, Martin A. überlebte einen Kopfschuss schwer verletzt.

V-Mann soll nicht gehört werden

In der kurzen Verhandlung am Dienstag verkündete Götzl mehrere Beschlüsse, in denen Anträge von Anwälten der Nebenkläger abgewiesen werden. So halten es die Richter nicht für notwendig, einen ehemaligen V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu laden. Den früheren Neonazi hatte 1998 ein mutmaßlicher Unterstützer des NSU gefragt, ob er ein Versteck für drei untergetauchte Kameraden wisse. Gemeint waren Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, die sich im Januar 1998 aus Jena abgesetzt hatten. Die drei tauchten unter, als die Polizei eine von Zschäpe gemietete und zumindest von Mundlos und Böhnhardt als Werkstatt zum Bombenbau genutzte Garage durchsuchte. Die Ladung des früheren V-Mannes ist laut Götzl „zur Erforschung der Wahrheit“ im NSU-Prozess nicht erforderlich.

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